Bommeleeër-Prozess – Der Prinz, ein Zeuge und ein Bombenanschlag

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Bommeleeër-ProzessDer Prinz, ein Zeuge und ein Bombenanschlag

LUXEMBURG - Das Gericht beschäftigt sich Dienstag mit einer Aussage, die Jean Nassau mit dem Findel-Anschlag in Verbindung bringt. Der Prinz sagt am 27. aus.

Am Dienstag steht die Aussage jenes Zeugen im Mittelpunkt, der 1985 wenige Stunden vor dem Bombenanschlag am Findel den damaligen Prinzen Jean von Luxemburg gesehen haben will. Der Bruder von Großherzog Henri soll am kommenden Donnerstag, 27. Februar, vor Gericht als Zeuge aussagen, wie die Justiz am Dienstag bestätigte.

Der Zeuge Eugène Beffort dagegen wird seine Aussage am Dienstag nicht vor Gericht wiederholen können, da er am 1. Juli 2012 verstarb. Er hatte allerdings zwischen 2005 und 2006 mehrere Male wiederholt, was er gesehen haben will: Nämlich genau das, was als undenkbar galt. Es war nicht zuletzt die Aussagen von Eugène Beffort im November 2005 in einem Interview mit RTL, welche die seit Jahren in der Öffentlichkeit kaum mehr beachteten Ermittlungen in der «Bommeleeër»-Affäre im November 2005 schlagartig wieder ins Rampenlicht bringen sollten.

Eine Beobachtung am frühen Morgen

Denn Beffort schien einen ungeheuerlichen Verdacht zu bestätigen, der seit den Attentaten die Runde machte: Steckte hinter dem Terror ein «Dicker», eine hochgestellte Persönlichkeit also, womöglich sogar ein Mitglied des großherzoglichen Hauses? Schon 1986, also kurz nach den Anschlägen kursierten derartige Gerüchte, nachdem Prinz Jean überraschend auf Thronfolge und Adelstitel verzichtete und fortan ein bürgerliches Leben als Jean Nassau in Paris führte.

Am 9. November 1985 war Beffort um halb vier morgens unterwegs zur Frühschicht beim Chemie-Unternehmen Dupont de Nemours in Contern. An einer Straßenkreuzung in unmittelbarer Nähe des Flughafens zwischen Helfenterbrück und Cents fiel ihm ein Wagen auf, der in einem Zufahrtsweg zum Flughafengelände stand - also nur wenige hundert Meter von der Stelle entfernt, an der knapp 18 Stunden später ein Sprengsatz die Anlage zur elektronischen Lande-Hilfe zerstören sollte.

Kripo-Beamten drohen mit «Schwierigkeiten»

Beffort erzählte wenige Stunden später der Polizei, er habe sich dem Wagen genähert, da er von einer Panne ausging und nachschauen wollte, ob Hilfe benötigt werde. An dem Wagen habe er einen jungen Mann gesehen, der abweisend reagiert habe und ohne ein Wort zu sagen mit dem Wagen die Flucht ergriffen habe - eine Begegnung, die Beffort für den Rest seines Lebens nicht vergessen sollte.

Beffort gab 2005 in dem brisanten Interview gegenüber RTL an, er sei 1985 nach seinem Telefonat mit der Polizei und erneut nach dem Attentat von Beamten der «Sûreté», der kriminalpolizeilichen Einheit der Gendarmerie, besucht worden. Diese hätten ihn nicht nur befragt, sondern auch «eingeschüchtert» und ihm klar gemacht, dass er den vermeintlichen Namen des von ihm beobachteten Verdächtigen «niemals erwähnen» dürfe, da er ansonsten «Schwierigkeiten» bekommen werde. Danach hörte er nichts mehr von der Polizei.

Ein makelloses Alibi?

Beffort hielt sich bis 2005 an die Warnung der Polizisten, als RTL-Journalisten erneut begannen über die Affäre zu berichten. Im Interview sagte er dann, der verdächtige am Findel sei «eine Person des öffentlichen Lebens» gewesen, deren Name er nur gegenüber Premierminister Juncker preisgeben wolle, was er am 14. November 2005 auch tat.

Darf ein Mitglied des Hofs Zeuge vor Gericht sein?

Die Ermittler setzten sich akribisch mit der Aussage Befforts auseinander und entdeckten zahlreiche Widersprüche und Ungenauigkeiten im Bezug auf die Details seiner Beobachtung - er gilt bei der Staatsanwaltschaft fortan als eingeschränkt glaubwürdig. Bis zu seinem Tod im Jahr 2012 hält er jedoch am Kern seiner Aussage fest und kommentiert die Skepsis der Ermittler mit den Worten: «Wenn es sich bei dem Mann, den ich damals vor mir hatte nicht um jene Person handelte, die ich zu erkennen glaubte, dann hat diese jedenfalls einen fantastischen Doppelgänger».

Die beiden Verteidiger der Angeklagten dagegen fechten das Alibi des Prinzen an und dieser muss sich kommende Woche ebenfalls vor Gericht äußern. Das Verfassungsgericht hatte Ende Januar geurteilt, dass sowohl Jean Nassau wie sein Bruder Prinz Guillaume als Zeugen im Bommeleeër-Prozess aussagen müssen. Im vergangenen Juni war das Verfassungsgericht von der Kriminalkammer mit der Frage befasst worden, ob Mitglieder der großherzoglichen Familie prinzipiell als Zeugen vor Gericht zitiert werden dürfen.

(L'essentiel/mth)

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