Save the Children350.000 Kinder sitzen in West-Mosul fest
Iraks Regierung kündigt die «Befreiung vom Terror» in West-Mosul an. Die Menschenrechtsorganisation «Save the Children» fordert Fluchtkorridore für Zivilisten.

Großer Gefahr ausgesetzt: Kinder sitzen in einem Schulzimmer in Oreij, südlich von Mossul. (15. Februar 2017)
Zu Beginn der neuen Offensive auf die irakische IS-Hochburg Mosul sitzen nach Angaben von Save The Children noch etwa 350.000 Kinder im Westteil der Stadt fest. Die Menschenrechtsorganisation mit Sitz in London forderte die irakischen Streitkräfte am Sonntag auf, so schnell wie möglich geschützte Fluchtkorridore für Zivilisten einzurichten.
Die Armee und ihrer Verbündeten müssten alles dafür, «um Kinder und Familien zu schützen», sagte der Irak-Direktor von Save The Children, Maurizio Crivallero. Es müsse auch verhindert werden, dass Schulen oder Krankenhäuser in die Schusslinie geraten.
Für die meisten Familien sei eine Flucht aus dem von der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) kontrollierten Westteil Mosuls zu gefährlich, sagte Crivallero. Es gebe Scharfschützen und Landminen, und falls die Flüchtenden entdeckt würden, drohe ihnen die Hinrichtung durch IS-Kämpfer. «Die Kinder in West-Mosul stehen vor einer makaberen Wahl: Bomben, Feuergefechte und Hunger, wenn sie bleiben - oder Hinrichtung und Scharfschützen, falls sie versuchen zu fliehen», erklärte Crivallero.
Rückeroberung im Westen
Der Kampf um die IS-Hochburg Mosul geht in eine entscheidende Phase: Der irakische Ministerpräsident Haidar al-Abadi hat den Start einer Militäroffensive auf den westlichen Teil der Stadt verkündet. Dieser solle von der Terrormiliz Islamischer Staat zurückerobert werden, teilte er am Sonntag mit. Streitkräfte seien in Bewegung versetzt worden, um die Bevölkerung Mosuls «für immer von der Unterdrückung des Daesh zu befreien», sagte er im Staatsfernsehen unter Verwendung des arabischen Namens des IS.
Im Südwesten Mosuls, in der Nähe des vom IS gehaltenen Flughafens, waren Rauchfahnen zu sehen, als die Militärkoalition gegen den IS Stellungen der Terroristen angriff. Südlicher am Stützpunkt der irakischen Armee machten sich Kräfte für einen Einsatz im Norden bereit. Im vergangenen Monat hatte der Irak den Osten der Stadt zurückerobert. Der Westen der Stadt blieb aber unter Kontrolle der Terrormiliz. Der IS hatte Mosul im Juni 2014 überrannt und seitdem gehalten. Die irakische Armee begann im vergangenen Oktober mit Hilfe von Verbündeten und Luftangriffen der US-geführten Koalition ihre Offensive zur Rückeroberung.
Langer und schwieriger Kampf
Mosul ist nach der Hauptstadt Bagdad die zweitgrößte Stadt des Landes. Vom Fluss Tigris ist Mosul mittig in einen Ost- und einen Westteil geteilt. Der Kampf um den vom IS kontrollierten Westen wird als lang und schwierig eingeschätzt. Denn der Teil der Stadt ist dichter bevölkert. Ältere und engere Straßenzüge bieten den Kämpfern der Terrormiliz bessere Deckung.
Mosul galt neben der syrischen Stadt Al-Rakka als IS-Hochburg. Die Terrormiliz hat 2014 weite Teile des Nordiraks unter ihre Kontrolle gebracht, verliert dieses Gebiet aber zunehmend an das irakische Militär. In Bagdad ist es zuletzt fast täglich zu Anschlägen gekommen, für die sich der IS verantwortlich zeigte. Erst am vergangenen Donnerstag starben bei einem Autobombenanschlag fast 60 Menschen.
(L'essentiel/chk/afp)