Angst vor Racheakten – Ägyptens Militär fordert friedliche Proteste

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Angst vor RacheaktenÄgyptens Militär fordert friedliche Proteste

Islamisten haben heute zu Demonstrationen gegen die Absetzung Mursis aufgerufen. Die Armee ruft zu Einheit auf und warnt vor Racheakten.

Wenige Stunden vor den angekündigten Protesten islamistischer Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi in Ägypten hat das Militär zur nationalen Einheit und Versöhnung aufgerufen. Die Ägypter sollten auf Racheakte verzichten, hieß es in einer in der Nacht zum Freitag veröffentlichten Erklärung.

Jegliche «außergewöhnlichen und willkürlichen Maßnahmen» gegen politische Bewegungen sollten vermieden werden, hieß es in der Erklärung des Militärs. «Friedliche Versammlungen» und Redefreiheit seien garantierte Rechte.

Gleichzeitig warnt die Armee vor einem «Missbrauch dieses Rechts». Darunter fallen laut Erklärung «mögliches unerwünschtes Verhalten wie Straßensperren, die Blockade öffentlicher Einrichtungen oder die Zerstörung von Eigentum».

Demonstration für Mursi

Für den heutigen Freitag haben die Islamisten zu Protesten gegen den Sturz «ihres Präsidenten» aufgerufen. Der «Militärputsch» dürfe nicht hingenommen werden, hieß es am Donnerstag in einer von arabischen Medien verbreiteten Erklärung der Muslimbrüder und verbündeter Parteien.

Nach tagelangen Massenprotesten mit dutzenden Todesopfern hatte die ägyptische Armeeführung Präsident Mursi am Mittwoch entmachtet und gemeinsam mit seinem engsten Führungskreis festgenommen. Die islamistisch geprägte Verfassung wurde außer Kraft gesetzt und soll überarbeitet werden.

Die Sicherheitskräfte gingen zudem gegen Mursis Muslimbrüder vor und verhafteten mehrere Anführer. Nach Justizangaben soll Mursi ab kommenden Montag zum Vorwurf der «Beleidigung der Justiz» vernommen werden.

«Kein Militärputsch»

Der ägyptische Außenminister Mohammed Kamel Amr wiederholte in einem Telefongespräch mit US-Außenminister John Kerry die Sichtweise des Militärs, wonach es sich bei der Absetzung Mursis nicht um einen Putsch gehandelt habe.

«Ich hoffe, dass die USA die Situation richtig interpretieren. Es war der Wille der überwältigenden Mehrheit des Volkes», sagte Amr, der bis zur Einsetzung einer Technokraten-Regierung das Land nach außen vertritt. Kerry habe ihm versichert, dass Ägypten ein strategischer Verbündeter sei, dessen Stabilität entscheidend sei.

Mögliche Sanktionen

Die Definition der Geschehnisse am Mittwoch in Kairo ist wichtig, weil ein Militäraufstand zur Entmachtung eines frei gewählten Staatspräsidenten in der Regel Wirtschaftssanktionen nach sich zieht. Ägypten ist von US-Finanzhilfen abhängig.

Angriffe im Sinai

Während die Lage in den größeren Städten des Landes weitgehend ruhig blieb, kam es in anderen Teilen des Landes zu Zusammenstößen. Bei Angriffen auf Armee- und Polizeiposten auf der Sinai-Halbinsel wurden nach Medizinerangaben in der Nacht auf Freitag ein Soldat getötet und zwei weitere verletzt.

Nach dem Sturz Mursis hatten Islamistenführer auf dem Sinai mit gewaltsamer Rache gedroht. Die staatliche Nachrichtenagentur Mena berichtete, Militärhelikopter hätten einen Wagen mit Bewaffneten beschossen, die zuvor einen Flughafen im Norden des Sinai angegriffen hätten.

Am Donnerstagabend waren bei Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis in der Provinz Scharkija im Nildelta nach Polizeiangaben mindestens 30 Menschen verletzt worden. Laut Polizeiangaben flogen Steine, auch Schrotmunition sei verschossen worden.

(L'essentiel Online/rey/sda)

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