3. NSU-Prozesstag – Anwälte fordern Lachverbot im Gericht

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3. NSU-ProzesstagAnwälte fordern Lachverbot im Gericht

Holger G. und Carsten S. wollen im NSU-Prozess erstmals aussagen, Nazibraut Beate Zschäpe hingegen schweigt eisern. Dafür wird es während des Kleinkriegs der Anwälte laut.

Beate Zschäpe wurde auch am Mittwoch mit einem gepanzerten Fahrzeug zum Oberlandesgericht München gebracht.
Wie bereits an den zwei vorhergehenden Prozesstagen kehrte sie dem Publikum bei ihrer Ankunft im Gerichtssaal demonstrativ den Rücken zu.

Adrett in einen schwarzen Anzug gekleidet, verzog die 38-Jährige keine Miene. Seit gestern steht fest, weswegen sie angeklagt wird: Bundesanwalt Herbert Diemer beschuldigt die 38-Jährige der Mittäterschaft bei der Ermordung von zehn Menschen. Zschäpe sei ein «gleichberechtigtes Mitglied eines Tötungskommandos» gewesen, so Oberstaatsanwältin Anette Greger.

Eisernes Schweigen

Zudem wird Zschäpe für zwei Bombenanschläge und 15 Raubüberfälle verantwortlich gemacht. Das Gericht will heute prüfen, ob zumindest einer der Bombenanschläge wegen der großen Anzahl Nebenkläger von dem aktuellen Verfahren abgetrennt werden soll. Der Prozess verläuft allerdings erneut so zäh, dass fraglich ist, ob noch über eine solche Abtrennung beraten werden kann.

Zschäpe schwieg an beiden Tagen eisern. Selbst das das Verlesen ihrer Personalien überliess sie dem Vorsitzenden Richter. Anders zwei der insgesamt vier Mitangeklagten: Holger G. und Carsten S. haben angekündigt, heute eine Aussage zu machen. Ihnen wird vorgeworfen, den «Nationalsozialistischen Untergrund» (NSU) mit Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt unterstützt zu haben.

Lachverbot gefordert

Derweil verzögern Scharmützel zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Verhandlung auch am dritten Prozesstag. Die Verteidigung des Angeklagten Ralf Wohlleben forderte etwa wegen einer «medialen Vorverurteilung» die Einstellung des Verfahrens gegen ihren Mandanten. Wohlleben, ein früherer Funktionär der rechtsextremen NPD, soll unter anderem die Pistole der Marke Ceska besorgt haben, mit der die NSU-Mitglieder neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer erschossen haben soll. Er ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.

Tumultartige Szenen dann, als Zschäpes Anwalt sich beschwert, weil auf Nebenkläger-Seite gelacht wurde, als er einen Antrag stellen wollte. Dem schloss sich ein Anwaltkollege an: Es sei «unerträglich», wenn die Verteidigung ausgelacht würde, schrie er in den Saal. Der Richter hatte Mühe, wieder Ruhe in die Verhandlung zu bringen.

Zschäpe nur nach Außen hin ruhig

Ruhig blieb dabei vor allem die Hauptangeklagte: Zschäpe trat erneut so gleichgültig auf, dass es für die Angehörigen der Opfer eine reine Provokation war. Das zur Schau getragene lässige Verhalten der Angeklagten sei «irritierend inadäquat» gewesen, eine «Unverfrorenheit», kritisierte etwa Semiya Simsek, die hochschwangere Tochter des ersten NSU-Mordopfers.

Doch der Eindruck täuscht. Davon ist zumindest Eggolf Freiherr von Lerchenfeld überzeugt. Der «Körpersprache-Kenner, Rhetoriktrainer und Menschenleser» beobachtet laut «Welt.de» den Prozess für einen Nachrichtensender. Die Lässigkeit Zschäpes sei gespielt, so von Lerchfeld. Sie inszeniere sich zwar als Märtyrerin und sie nun das «Gesicht der Szene», doch es sei Zschäpe sehr wohl klar, «dass ihre Vergangenheit sie den Kopf kosten kann».

(L'essentiel Online/gux/sda)

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