LothringenAtommüll-Lager empört Frankreichs Nachbarn
BURE - Rund 140 Kilometer südlich von Luxemburg soll ein Endlager für Atommüll entstehen. Politiker in Deutschland und Luxemburg sprechen von einem Skandal.

In Bure im französischen Département Meuse erforscht die Betreibergesellschaft Andra seit 2000 rund 500 Meter unter Tage, ob sich das dortige Tongestein für radioaktive Abfälle eignet.
AFP/Jean-christophe VerhaegenDie Debatte um das Endlager Bure in Lothringen ist neu aufgeflammt. Die französische Regierung hatte vergangene Woche in der Nationalversammlung ein Wirtschaftsgesetz durchgedrückt, worin eine Festlegung auf Bure als Standort für das Atommüllendlager versteckt sein soll. Der Luxemburger Europaabgeordnete Claude Turmes (Déi Gréng) sprach am Dienstag gegenüber RTL von einem «politischen Skandal und einer Sauerei». Die «Mafia der Atomindustrie» habe die Passage mit Bure in das Gesetz «hineingeschmuggelt». Bure liegt etwa 140 Kilometer südlich der luxemburgischen Grenze im Département Meuse.
Der Abgeordnete Henri Kox (Déi Gréng) hat am Mittwoch zudem einen Antrag in der Chamber eingebracht, der die Regierung auffordert, bei den französischen Behörden darauf zu beharren, dass sie die Umweltvorschriften, insbesondere die europäische Umweltverträglichkeits-Richtlinie, respektiert.
Zweifeln an Eignung
Der saarländische Landtag forderte am Mittwoch die Bundesregierung dazu auf, bei der französischen Regierung vorzubringen, dass eine weitere Atomeinrichtung in der Region unzumutbar wäre. Es dürfe auch «keine gesetzliche Präjudizierung für einen Standort erfolgen», heißt es in einer einstimmig verabschiedeten Resolution.
Saar-Umweltminister Reinhold Jost (SPD) betonte, das Saarland werde bei dem ab 2017 geplanten Genehmigungsverfahren für ein erstes Endlager gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und Luxemburg seine Bedenken vorbringen. Experten bezweifeln, dass das Gestein unter Bure über Millionen Jahre die Strahlung zurückhalten könne.
(jt/dpa/L'essentiel)
Hintergrund
In Bure (Département Meuse) erforscht die Betreibergesellschaft Andra seit 2000 rund 500 Meter unter Tage, ob sich das dortige Tongestein etwa 150 Kilometer von der deutschen und 136 Kilometer von der luxemburgischen Grenze für mittel- und hoch-radioaktive Abfälle eignet. Sie plant, 2017 die notwendigen Anträge zu stellen und 2020 mit dem Bau zu beginnen. 2025 sollen erste strahlende Abfälle eingelagert werden. Es wäre das erstes Atommüllendlager im Herzen Europas. In dem Pariser Wirtschaftsgesetz wurden die Andra-Pläne jetzt gebilligt.
Anders als im niedersächsischen Gorleben gab es in Bure bisher keine massiven Proteste. Frankreich ist zu rund 80 Prozent von Atomstrom abhängig. Dort stehen 58 Atomkraftwerke, die beiden ältesten davon sind Cattenom sowie Fessenheim.