LandwirtschaftBauern besprühen weltweit Reis mit Pest-Antibiotika
Laut einer WHO-Studie werden weltweit Antibiotika in der Gemüseproduktion eingesetzt. Bescheid darüber wissen nur die wenigsten Staaten.

Dass bei der industriellen Fleischproduktion vielfach Antibiotika zum Einsatz kommen, ist vielen bereits bekannt. Jetzt zeigt eine Studie, die unter anderem von der UNO und der Weltgesundheitsorganisation WHO in Auftrag gegeben wurde, dass auch bei der Gemüseproduktion viel Antibiotika eingesetzt wird – und dass die einzelnen Staaten erstaunlich wenig darüber wissen.
Wie der Tagesanzeiger schreibt, werden mehr als hundert Nutzpflanzen regelmäßig mit Antibiotika besprüht. Insbesondere bei Reis, Zitrusfrüchten oder Tomaten würden viele Bakterienkiller eingesetzt.
Wirklich Bescheid über den Einsatz wüssten aber nur die wenigsten Länder. Von 158 untersuchten Staaten dokumentierten nur drei die Verwendung.
Resistente Bakterien
Besonders stark ausgeprägt sei der Einsatz in Südostasien. Alleine dort würden 63 Tonnen Streptomycin und sieben Tonnen Tetracyclin auf Feldern versprüht. Häufig geschehe der Einsatz dabei präventiv, ohne dass die Pflanzen tatsächlich von einer Krankheit befallen seien.
Streptomycin und Tetracyclin sind dabei alles andere als vernachlässigbar: Streptomycin hilft bei Tuberkulose und Pest, Tetracyclin bei verschiedenen anderen Infektionen. Laut der WHO sind die beiden Antibiotika «wichtig bis sehr wichtig» für die Humanmedizin.
Durch die Verwendung auf den Feldern könnten sich resistente Bakterien bilden. Zusätzlich beschleunigt werde das durch den Einsatz von Chemikalien. «Die für die Nahrungsmittelsicherheit zuständigen Behörden haben national wie international einen schlampigen Job gemacht, als sie diese Probleme einfach durchgehen ließen», sagt Erik Millstone, Spezialist für Nahrungsmittelsicherheit an der britischen Universität Sussex.
Fachleute warnen
Das ist möglicherweise auch für Konsumenten in der Schweiz gefährlich. Eine routinemäßige Kontrolle von asiatischem Reis findet nicht statt. Bei vereinzelten Kontrollen habe man zwar keine hohen Konzentrationen von Antibiotika gefunden, sagt Martin Brunner, Chef des Kantonalen Labors Zürich. Verallgemeinern könne er diese Aussage aber nicht.
Ein wenig Entwarnung können dagegen die Großverteiler Coop und Migros geben: Beide geben an, dass sie den Einsatz von Antibiotika im Rahmen von ihren Agrarpraxis-Vereinbarungen nur in Ausnahmefällen zulassen.
In Folge von Antibiotikaresistenz sterben heute bereits jährlich rund 700.000 Menschen. Fachleute warnen seit langem vor dem Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft.
(L'essentiel/Nicolas Saameli)