BestandsaufnahmeSo sieht der Gazastreifen nach viereinhalb Monaten Krieg aus
Verlässliche Informationen aus dem Gazastreifen sind rar. Wie sieht es dort nach vier Monaten Krieg aus und wie viele Opfer hat der Krieg gefordert?

Bilder und Nachrichten zeigen: Der Norden Gazas liegt in Trümmern. Damit hätten die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) die Einsätze im Norden erfolgreich abgeschlossen, wie sie selbst auf X berichteten. Nun wurden die Einsätze auf den Süden bis hin zur Grenze Rafahs ausgebreitet, wohin Millionen Palästinenser geflüchtet sind.
Gesicherte Angaben über Todesopfer gibt es nicht. Laut Angaben des Ministry of Health (MoH) in Gaza wurden seit dem Gegenangriff fast 30.000 Menschen im Gazastreifen getötet. 70 Prozent davon seien Frauen und Kinder. Die arabische Zeitung Al Jazeera spricht von über 29.000 Opfern. Gemäß der Genfer NGO Euro-Med Human Rights Monitors sind es 35.096 Menschen, darunter über 13.000 getötete Kinder. Aus Israel gibt es keine Angaben zur Opferzahl in Gaza.
Gemäß der IDF sind seit den Angriffen 1200 Israelis und mindestens 31 der 253 Geiseln getötet worden. Weiter seien 233 israelische Soldaten bei den Kämpfen getötet worden. Laut der Times of Israel schätzt das Militär zudem, dass es etwa 9000 Hamas-Kämpfer ausgeschaltet hat.
Wie viele Tunnel wurden gefunden?
Laut der IDF wurden über 30.000 Waffen sowie 1500 Tunneleingänge und -routen entdeckt. 700 Raketenabschussrampen und 130 Tunnel hat die Armee nach eigenen Angaben bereits zerstört. Weil keine unabhängigen Journalisten Zugang zum Gazastreifen erhalten, lässt sich das nicht verifizieren. Israels Armee hat weiter bestätigt, die Tunnel mit Meerwasser zu fluten, um die unterirdische Infrastruktur unbrauchbar zu machen.
Al Jazeera und die ägyptische Zeitung Al Ahram berichten hingegen, viele der Funde seien nur gefakte Propaganda des Militärs. So etwa ein angeblicher Dienstplan der Hamas in einem der Tunnel, der sich als arabischer Kalender entpuppt haben soll. Zudem sollen sich einige Tunnel gar nicht in Gaza befinden, sondern Videos von Tunneln aus Schweden sein.
Wie viele Häuser wurden zerstört?
Eine genaue Angabe lässt sich mit den verfügbaren Informationen nicht machen. Laut einer aktuellen UN-Schätzung wurden seit Beginn des Krieges im Gazastreifen zwischen 175.000 und 207.000 Gebäude beschädigt oder zerstört, also zwischen 60 und 71 Prozent aller Gebäude.
Laut der NZZ wurde der Norden so stark bombardiert, dass nur noch 40 Prozent aller Gebäude unbeschädigt sind. Das zeige die Analyse von Satellitenbildern. Zudem geht die UN davon aus, dass über 80 Prozent der Bewohner, also fast zwei Millionen Menschen, wegen der Kämpfe ihre Wohnung verlassen und fliehen mussten. Das Militär spricht von einem Viertel der Gebäude, die zerstört worden seien, und begründet das mit dem Tunnelsystem, das sich unter ganz Gaza erstrecke. Genauere Angaben gibt es von der IDF nicht.
Gibt es genügend Zugang zu Nahrungsmittel?
Hunderttausende Menschen im Gazastreifen seien inzwischen vom Hungertod bedroht, schreibt Al Jazeera. In 80 Prozent der Haushalte im Norden und 50 Prozent im Süden gebe es für Familien manchmal tagelang nichts zu essen. 90 Prozent der Bevölkerung hat laut den Vereinten Nationen keinen ausreichenden Zugang zu Nahrungsmitteln.
Das israelische Militär hingegen sagt, dass es in ganz Gaza keine Nahrungsknappheit gebe, denn 99 Prozent der Lkw mit humanitären Hilfsgütern werde die Einfuhr gewährt. Die ägyptische Nachrichtenseite Egyptian Streets veröffentlichte jedoch ein Video, auf dem zu sehen sei, wie Israelis die Einfuhr von Lastern mit Hilfsgütern blockieren.
Wie sieht es mit der medizinischen Versorgung aus?
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind die hygienischen Verhältnisse katastrophal. Besonders Infektionskrankheiten verbreiteten sich schnell und sprunghaft. Nur neun von 36 Krankenhäusern im Gazastreifen können laut der WHO noch arbeiten, und das auch nur teilweise. Laut Ärzte ohne Grenzen (MSF) sind es noch 13 Spitäler. Am 15. Februar wurde gemäß MSF auch das Nasser Spital in Khan Younis beschossen. Das Gesundheitssystem im Gazastreifen stehe vor dem kompletten Kollaps. Medikamente, Wasser und Treibstoff fehlten.
Die fehlende medizinische Versorgung treffe besonders schwangere Frauen und Neugeborene im Gazastreifen hart, berichtet die NGO Care. Seit der Eskalation des Konflikts hätten über 20.000 Frauen unter schrecklichen Umständen entbunden.
Anders sieht das die IDF: Laut ihren Angaben werden genügend Hygienepakete, Medikamente, Decken und Matratzen sowie Trinkwasser im Gazastreifen eingeführt und von den Soldaten verteilt.
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