US-Wahlkampf – Biden ist plötzlich der Liebling der Wirtschaft

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US-WahlkampfBiden ist plötzlich der Liebling der Wirtschaft

Zwei Wochen vor dem US-Präsidentschaftswahlkampf ist das Rennen noch völlig offen. Die Börsianer haben sich aber bereits entschieden. Sie haben das Vertrauen in Donald Trump verloren.

Der US-Wahlkampf spitzt sich zu. Noch ist völlig offen, wer am 3. November die Präsidentschaftswahl gewinnt. Der Vorsprung des demokratischen Herausforderers Joe Biden auf den republikanischen Amtsinhaber Donald Trump ist knapp.

Doch die Finanzindustrie hat ihr Urteil gefällt: Sie will Biden. So haben etwa Rohstoffinvestoren den Goldpreis zuletzt stark angetrieben. Sie versprechen sich von einer Regierung Biden massive staatliche Impulsprogramme, was die Inflation beschleunigen würde, wie der Tages-Anzeiger schreibt.

Durch den Entscheid pro Biden hätten die Schwankungen an den US-Börsen so stark abgenommen wie seit Wochen nicht mehr. Noch Anfang Oktober gingen die Börsen nach Bekanntwerden von Trumps Corona-Erkrankung auf Talfahrt. Der amtierende Präsident war seit Beginn der Liebling der Börsen. Seine Politik der Deregulierung kam gut an. Warum kalkuliert die Börse jetzt mit einem Sieg Bidens?

Vertrauen verspielt

Die Anleger hätten das Vertrauen in Trump und seine Republikanische Partei verloren, dass sie ein weiteres Hilfspaket zur Bewältigung der Corona-Krise noch vor den Wahlen beschließen könnten, sagt Christian Brändli, ZKB-Ökonom für Nordamerika, gegenüber der Schweizer Newsseite 20 Minuten. «Nun setzen sie darauf, dass unter Biden als Präsidenten ein weitaus größeres Paket geschnürt wird, wovon die Wirtschaft profitiert», so Brändli.

Als weiteren Grund für den Liebesentzug der Börsianer nennt Brändli Trumps Verhalten im Allgemeinen und speziell in der Corona-Krise. «Die Anleger versprechen sich unter einem Präsidenten Biden weniger politische Polemik und eine konstruktivere Außenpolitik. Außerdem hat der Pandemieverlauf die politischen Versäumnisse der Trump-Administration in der Krisenbewältigung schonungslos offengelegt.»

Neue Impulse mit Biden

Ähnlich sieht es Jeffrey Hochegger, ein Schweizer Anlagestratege. Die Corona-Pandemie und der damit verbundene Einbruch der Wirtschaft hätten die Amerikaner verunsichert. «Ein massiver Anstieg der Arbeitslosigkeit kostete Präsident Donald Trump viel Vertrauen. Diese Unsicherheit spiegelt sich dann auch an den Börsen», so Hochegger.

Die USA benötigten im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld neue Impulse. Dafür stehe Biden mit seinem Plan zur Förderung von erneuerbaren Energien. Das schaffe wirtschaftliche Perspektiven und langfristig Arbeitsplätze. So gewöhne sich die Börse zunehmend an Biden als künftigen Präsidenten.

Erfahrener Krisenmanager

Zudem habe Biden Erfahrung im Umgang mit Krisen. Als Vizepräsident habe er während der Finanzkrise das Ruder zusammen mit Barack Obama übernommen und die Wirtschaft wieder in Gang gebracht. «Die Aussage ‹Trump ist gut für die Wirtschaft, Joe Biden nicht› kann so einfach nicht gemacht werden», so Hochegger.

Dafür spricht auch die Geschichte: Seit dem Zweiten Weltkrieg lieferten Präsidenten der Demokraten laut Tages-Anzeiger im Schnitt eine Aktienrendite von 10,6 Prozent pro Jahr, verglichen mit 4,8 Prozent durch Republikaner.

(L'essentiel/Fabian Pöschl)

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