HyperschallBoeing will in 2 Stunden über den Atlantik fliegen
Noch gibt es keine neuen Überschall-Passagierjets, da plant Boeing bereits eine Maschine, die Hyperschallgeschwindigkeit erreichen soll.

Vor 15 Jahren wurde die Concorde eingemottet, seither findet die kommerzielle Luftfahrt wieder ausschließlich im Unterschallbereich statt. Das könnte sich aber in nicht allzu ferner Zukunft wieder ändern. Mehrere Hersteller arbeiten an neuen Konzepten, um die Flugzeiten zwischen den Metropolen der Welt zu verkürzen. Während die meisten Geschwindigkeiten von etwa Mach 2 anstreben, hat Boeing ehrgeizigere Ziele.
Dem US-Flugzeugbauer schwebt ein Passagierjet vor, der Hyperschall, also mehr als fünffache Schallgeschwindigkeit erreichen kann. Erste Pläne dafür hat Boeing am Dienstag an einer Luftfahrtkonferenz in Atlanta vorgestellt. Das Flugzeug soll es ermöglichen, in unter zwei Stunden von New York nach London zu fliegen. Das ist doppelt so schnell wie einst mit der Concorde.
Virtuelle Fenster
Um solche Geschwindigkeiten erreichen zu können, muss das Flugzeug sehr hoch fliegen. Die Boeing-Ingenieure sprechen von 29 Kilometern Höhe. Weiter unten würde die Maschine aufgrund der Luftreibung auseinandergerissen werden. Für die Passagiere bringt das den Vorteil, dass man von dort oben «die Erdkrümmung und die Schwärze des Weltraums sehen kann», wie Boeing-Experte Kevin Bowcutt auf der Konferenz ausführte. Allerdings nicht von bloßem Auge. Ein solches Flugzeug würde voraussichtlich statt über normale über virtuelle Fenster verfügen.
Viele Herausforderungen
Bis es so weit ist, dürfte es noch 20 bis 30 Jahre dauern, wie Boeing zugibt, denn es gibt einige Herausforderungen zu bewältigen. So muss ein neues Antriebskonzept entwickelt werden, das ein konventionelles Turbinen-Strahltriebwerk mit einem sogenannten Staustrahltriebwerk kombiniert. Auch das Design des Flugzeugs muss vollkommen neu angedacht werden. Und dann gibt es nach wie vor das Problem des Überschallknalls, das gelöst werden muss, bevor über besiedeltem Gebiet mit Schall- oder Hyperschallgeschwindigkeit geflogen werden kann. Mit letzterem Problem beschäftigt sich zurzeit auch die Nasa und der Boeing-Konkurrent Lockheed-Martin.
Der Trumpf im Ärmel von Boeing ist die große Erfahrung, die der Konzern bereits mit Hyperschallfluggeräten gesammelt hat. Seit 1956 wird entwickelt und mit der X-15 stellte man 1967 mit 7274 km/h (Mach 6,72) einen Geschwindigkeitsrekord auf, den erst der Spaceshuttle 1981 brach. 2013 folgte ein weiterer Rekord mit der X-51 Waverider. Das mit einem Staustrahltriebwerk ausgerüstete Experimentalflugzeug erreichte für 210 Sekunden eine Geschwindigkeit von Mach 5,1. Das ist bis heute der längste Hyperschallflug mit einem luftatmenden Triebwerk. Wer neben Boeing sonst noch an Passagierflugzeugen tüftelt, die die Schallgrenze durchbrechen können, sehen Sie in der Bildstrecke oben.
(L'essentiel/jcg)