Historisches TreffenChina und Taiwan nähern sich weiter an
Zum ersten Mal seit dem Ende des Bürgerkriegs vor 65 Jahren haben sich am Dienstag amtierende Vertreter der chinesischen und der taiwanischen Regierung zu Gesprächen getroffen.

Seit dem Ende des chinesischen Bürgerkrieges 1949 betrachtet die Volksrepublik China Taiwan als abtrünnige Provinz.
China und Taiwan haben in Ostchina die ranghöchsten Regierungsgespräche seit Ende des Bürgerkrieges vor 65 Jahren aufgenommen. Taiwans Minister für Festlandfragen, Wang Yu-chi, und sein Pekinger Amtskollege Zhang Zhijun begrüßten sich zum Auftakt der Gespräche mit ihren offiziellen Titeln.
Dies berichtete der Hongkonger Fernsehsender Phoenix am Dienstag. Beim symbolträchtigen Gespräch war der Raum neutral dekoriert, ohne Landesflaggen und mit Namensschildern ohne offizielle Titel. Das Treffen schlage ein neues Kapitel in den Beziehungen auf, sagte Wang. Zhang äusserte die Hoffnung, dass beide Seiten künftig ihre Beziehungen normalisieren könnten.
Gespräche in Nanjing ein Meilenstein
Das Treffen in Nanjing könnte den Weg für eine weitere Entspannung in den Beziehungen zwischen Peking und Taipeh einleiten. Seit der Pro-Pekinger Politiker Ma Ying-jeou 2008 in das taiwanesische Präsidentenamt gewählt worden war, haben beide Seiten rund 20 Verträge unterzeichnet, die unter anderem wöchentlich hunderte Direktflüge ermöglichen, den Touristenverkehr erleichtern und Bankgeschäfte vereinfachen.
Beobachter bezeichneten die Gespräche in Nanjing als Meilenstein. Minister Wang hatte zuvor bereits ein Treffen zwischen Chinas Staatschef Xi Jinping und Taiwans Präsidenten Ma Ying-jeou beim APEC-Gipfel in Peking in November ins Gespräch gebracht.
Beim APEC-Gipfel auf Bali vergangenes Jahr hatte Xi sich mit dem ehemaligen taiwanischen Vizepräsidenten Vincent Siew getroffen. Damals waren auch die beiden Minister Wang Yu-chi und Zhang Zhijun Teil der jeweiligen Delegationen anwesend. Nach dem bisherigen Muster treffen meist amtierende Regierungsvertreter der einen Seite auf pensionierte Repräsentanten der anderen Seite.
Mausoleum-Besuch
Wang ist mit seiner 20-köpfigen Delegation für vier Tage in China. Am Mittwoch will er das Mausoleum des Präsidenten der ersten chinesischen Republik von 1911, Sun Yat-sen, besuchen. Auch die Pekinger Führung lobt Sun bis heute in höchsten Tönen. Anschliessend will Wang nach Shanghai weiterreisen.
Nanjing war die Hauptstadt Chinas, als das Land in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von der nationalistischen Kuomintang-Partei regiert wurde. Nach einem blutigen Bürgerkrieg mit Millionen Toten vertrieben die Kommunisten unter Führung Mao Tsedongs 1949 die Kuomintang von der Macht.
Widersprüchliche Ansprüche
Zwei Millionen Anhänger des Nationalistenführers Chiang Kai Shek flohen daraufhin auf die Insel Taiwan. Das Festland und Taiwan, das sich offiziell Republik China nennt, werden seitdem getrennt regiert.
Die beiden Länder etablierten erst in den 1990er-Jahren wieder halboffizielle Beziehungen. Die kommunistische Regierung in Peking strebt noch immer nach dem Wiederanschluss Taiwans, das sie weiterhin als abtrünniges Gebiet betrachtet.
Zwar unterhält Taiwan gute wirtschaftliche Beziehungen mit zahlreichen Staaten, doch verlor es 1971 den chinesischen UNO-Sitz an Peking und wird von immer weniger Ländern politisch anerkannt.
(L´essentiel/ sda)