Syrien-Konferenz«Das Eis schmilzt langsam»
UNO-Vermittler Lakhdar Brahimi sieht Annäherungen zwischen den Konfliktparteien im Syrienkrieg. Es sei bereits ein Erfolg, dass sie überhaupt noch miteinander sprechen.

Bei den Friedensverhandlungen für Syrien in Genf kommen sich die Konfliktgegner nach feindseligem Auftakt vorsichtig näher. «Ich bin froh, dass das Eis zwischen ihnen schmilzt, wenn auch nur langsam», sagte UNO-Vermittler Lakhdar Brahimi am Mittwochabend vor Reportern.
Die Kluft sei weiterhin groß. Aber angesichts der äusserst komplizierten Lage in Syrien sei es bereits ein Erfolg, dass beide Seiten eine Woche nach dem Auftakt der Friedensverhandlungen immer noch miteinander sprechen.
Bisher «kein substanzielles Ergebnis»
Für die noch bis Freitag geplante erste Verhandlungsrunde erwarte er allerdings «kein substanzielles Ergebnis», sagte Brahimi. Die bereits am Sonntag vereinbarten humanitären Erleichterungen für notleidende Menschen in der von Regierungstruppen belagerten Altstadt von Homs sind bislang nicht umgesetzt worden.
Die Gesprächsrunde in Genf ist der Versuch, den zu einem Bürgerkrieg ausgeweiteten Aufstand gegen Assad zu beenden oder zumindest die Folgen für die Zivilbevölkerung zu lindern. In dem seit fast drei Jahren anhaltenden Konflikt sind mindestens 130'000 Menschen getötet worden.
Erste Gespräche über Übergangsregierung
Die Genfer Gespräche sollen nach einer Pause im Februar fortgesetzt werden. Ein Datum für die zweite Runde steht noch nicht fest. Zuvor hatten die Opposition sowie die Regierungsseite bestätigt, dass die Delegationen am Mittwoch erstmals über die Möglichkeit der Bildung einer Übergangsregierung gesprochen haben.
Dabei habe die Regierungsdelegation zugestimmt, den 2012 von der ersten Genfer Syrien-Konferenz verabschiedeten Fahrplan zum Frieden - das «Genfer Kommuniqué» - als Verhandlungsgrundlage zu akzeptieren. Das sagte Oppositionssprecher Luai Safi.
«Schritt vorwärts»
In dem maßgeblich zwischen den USA und Russland ausgehandelten Dokument ist die Bildung einer Übergangsregierung unter Beteiligung der Opposition vorgesehen. Zur Rolle des syrischen Präsident Baschar al-Assad gibt es darin keine Aussagen.
Es sei «ein Schritt nach vorn», dass eine Übergangsregierung nun überhaupt angesprochen wurde, hob Oppositionsvertreter Safi hervor. Allerdings wollten die Regierungsvertreter, dass deren Schaffung nicht - wie im Kommuniqué vorgesehen - am Anfang eines Friedensprozesses steht, sondern am Ende. Dies könne die Verhandlungen zu Fall bringen.
Im syrischen Staatsfernsehen hiess es am Mittwoch, die Abordnung der Regierung sei bereit, alle Bestimmungen des Genf-1-Abkommens «Schritt für Schritt» zu erörtern.
Zuvor hatte die Regierungsdelegation in Genf Forderungen der Opposition nach dem Rücktritt Assads kategorisch abgelehnt. Laut Genf-1-Kommuniqué sollen der Übergangsregierung für Syrien Mitglieder der bisherigen Regierung sowie der Opposition und anderer Gruppen angehören können.
(L'essentiel/sda)
Vernichtung syrischer Chemiewaffen in Verzug
Wie am Mittwoch aus dem Umfeld der für die Vernichtung zuständigen internationalen Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) verlautete, wurden bisher weniger als fünf Prozent der gefährlichsten syrischen Kampfstoffe ausser Landes gebracht.
Seit Anfang Januar verliessen demnach nur zwei Schiffsladungen mit jeweils rund 16 Tonnen Chemiewaffen der sogenannten Kategorie eins den syrischen Mittelmeerhafen Latakia. Das sind weniger als fünf Prozent der insgesamt rund 700 Tonnen Chemikalien, die eigentlich schon bis Ende Dezember außer Landes gebracht werden sollten.
Nach einem tödlichen Einsatz von Chemiewaffen bei Damaskus im August hatte Syrien angesichts der Drohung mit einem US-Militärschlag zugesagt, sein gesamtes Chemiewaffenarsenal unter internationaler Aufsicht zu zerstören.
Gemäss einer vom UNO-Sicherheitsrat im September verabschiedeten Resolution müssen die syrischen Chemiewaffen bis Mitte 2014 vollständig vernichtet sein.
Die gefährlichsten Kampfstoffe - darunter Senfgas, Sarin und das Nervengas VX - sollten eigentlich bereits bis Ende Dezember außer Landes gebracht werden, was nicht gelang. Es sei «nahezu sicher», dass auch die neue Frist bis zum 5. Februar nicht eingehalten werde, verlautete aus OPCW-Kreisen. OPCW-Sprecher Christian Chartier wollte sich dazu nicht äußern.
Nach Angaben aus OPCW-Kreisen soll bei einem Treffen des Exekutivrats der Organisation am Donnerstag darüber beraten werden, wie der Druck auf die syrische Regierung erhöht und sie «an ihre Verpflichtungen erinnert» werden kann. (sda)