Todessturz im Skicross: «Das hätte verhindert werden können»

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Todessturz im Skicross«Das hätte verhindert werden können»

Der Tod des kanadischen Skicross-Fahrers Nick Zoricic löste große Bestürzung in der Skiwelt aus. Mit Beschuldigungen hielten sich bisher viele zurück. Nun wird scharfe Kritik laut.

Die junge spektakuläre und seit 2010 auch olympische Sportart Skicross hat seit vergangenem Samstag ihr erstes Todesopfer zu beklagen. Nick Zoricic (29) aus dem kanadischen Team verlor beim Zielsprung im Schweizer Grindelwald die richtige Flugrichtung, wurde ins Fangnetz geschleudert, überschlug sich und blieb liegen. Sofort waren Notärzte beim Athleten. Für Zoricic kam jedoch jede Hilfe zu spät, er erlag später im Krankenhaus seinen Verletzungen. Der internationale Skiverband FIS geht von einem Schädel-Hirn-Trauma aus, das zum Tod führte.

Jacques Rogge, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sagte: «Das ist ein sehr trauriger Tag für die ganze olympische Bewegung.» Der US-Skistar Ted Ligety twitterte, Skifahren sei eine Sportart, die viel gebe, aber leider auch nehme. «Traurig, Nick Zoricic zu verlieren - du wirst vermisst werden», so Ligety weiter. FIS und Swiss Ski kondolierten Zorocic' Familie, sämtliche Skicross-Teams drückten ihr Bedauern aus. Der Präsident des Deutschen Skiverband (DSV) Alfons Hörmann sprach von Trauer in der «Ski-Familie» um einem großartigen Sportler.

«Skicross hat sich entwickelt - die Sicherheitsvorkehrungen nicht»

Sein Kollege, DSV-Sportdirektor Wolfgang Maier, ist nicht nur traurig, er übt auch scharfe Kritik: «Mit ein bisschen Weitsicht hätte das verhindert werden können», meinte er bei «n-tv». Es habe leider erst einer sterben müssen, damit jetzt alle schreien.

Konkret kritisiert Maier, dass sich Skicross seit der Olympia-Premiere vor rund zwei Jahren rasch entwickelt hat, die Sicherheitsvorkehrungen aber weiterhin auf unzureichendem Niveau geblieben sind. «Man kann das Niveau der Sicherheit nicht auf dem Stand von vor drei Jahren lassen, da fahren doch keine Amateure mehr», so Maier zu deutschen Medien. Das Thema müsse überdacht werden - «im alpinen Skisport geben wir Millionen aus, und beim Skicross lachen wir darüber». Für den Schweier Skicross-Trainer Ralph Pfäffli weist der tödliche Unfall «mit voller Härte auf die Restrisiken des Sports hin». Der Vorfall rufe in Erinnerung, dass man keine Kindersportart betreibe. «Wir bewegen uns am Limit» - im Fall Zoricic darüber hinaus.

Warum stand der Container so nahe an der Piste?

Maier, der bei den Deutschen für den Skicross verantwortlich ist, bestreitet nicht, dass Zoricic einen Fahrfehler begangen hat. Allerdings fragt er sich, warum dort, wo der Kanadier hinstürzte, ein Container stand, der von Fangnetzen abgesichert wurde. Dies sei normalerweise ein Unding. Ob es sich beim Gegenstand, der direkt neben dem Zielgelände stand, tatsächlich um einen Container handelt, ist anhand der TV-Bilder nicht auszumachen (siehe Video unten).

Kelly Vanderbeek, eine frühere Trainingskollegin Zorocic', zeigte sich wütend über die fehlende Auslaufzone nach dem Zielsprung. Im «Toronto Star» fordert sie ein Umdenken in der Szene. «Wir müssen die Sicherheitsrisiken einschätzen und beurteilen, wie wir Entscheidungen im Skisport treffen», so die alpine Skirennfahrerin.


Quelle: Youtube.

Vater von Zoricic macht Veranstalter keine Vorwürfe

Dass man früher oder später über die Sicherheitsvorkehrungen diskutieren würde, ist auch den Grindelwalder Organisatoren klar. OK-Chef Christoph Egger findet den Zeitpunkt aber unpassend. Er ist der Meinung, dass das Ereignis nicht geeignet ist, um im ersten Moment aus dem Bauch heraus irgendwelche Spekulationen oder Überlegungen zu machen. Egger will die Untersuchungen abwarten. Die Staatsanwaltschaft ist nun daran, die Unfallursache zu klären.

Zoricic' Vater kritisiert die Veranstalter in Grindelwald indes nicht. «Das sieht wie ein außergewöhnlicher Unfall aus. Ich mache niemandem einen Vorwurf», sagte Predrag Zoricic, der als Skitrainer arbeitet. «Skirennen waren sein Leben, und er hat jeden Moment davon genossen. Es gibt keine Reue, weil er das getan hat, was er liebt.» Auch das kanadische Team verzichtete bisher auf Schuldzuweisungen. Vor dem Rennen gab es von keiner Seite Einwände zum Kurs.

(L'essentiel Online/feb)

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