Im Detail: Das iPhone 5 im Praxistest

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Im DetailDas iPhone 5 im Praxistest

Wir haben das iPhone 5 vor dem Luxemburger Verkaufsstart getestet. Kann Apple seine technischen Versprechen halten und mit einem neuen Smartphone-König auftrumpfen?

Weder ein Gehäuse aus flüssigem Metall, noch ein Fingerabdruck-Scanner und auch kein NFC-Chip für das mobile Bezahlen: So manches Gerücht über das iPhone 5 hat sich nicht bewahrheitet. Dafür ist das neue Apple-Smartphone dünner, leichter und größer – aber genügt das, um gegen die wachsende Konkurrenz zu bestehen?

Noch bevor das iPhone 5 am Freitag in Luxemburg in die Läden kommt, hat sich «L'essentiel Online» ein Testgerät in einem Apple Store in Deutschland «organisiert». Dort ist der Launch am vergangenen Freitag erfolgt, wie auch in den USA, wo die Nachfrage riesig sein soll.

Um das iPhone 5 bei der ersten Inbetriebnahme zu aktivieren, ist eine Nano-SIM-Karte erforderlich. Das entpuppt sich mehrere Tage vor dem Luxemburger Verkaufsstart als nicht ganz einfach. Denn die erneut verkleinerten Dinger werden erst mit dem neuen Apple-Smartphone von den Mobilfunk-Anbietern lanciert. Das Zurechtschneiden, wie bei der vorangegangenen SIM-Karten-Generation, funktioniert nicht.

Leicht und scharf

Das iPhone 5 kommt in gewohnter Apple-Manier daher. Will heißen, nur schon das Auspacken des Gadgets ist ein Erlebnis. Die bösen Gerüchte, wonach nigelnagelneue iPhones bereits mit Kratzern die Fabrik in Asien verlassen würden, bestätigen sich nicht.

Die Kombination aus Aluminium und Glas fühlt sich edel an und liegt perfekt in der Hand. Das mag auch an den ziemlich «scharfen» Kanten liegen, die selbst bei schwitzenden Fingern sicheren Halt bieten. Das iPhone 5 lässt sich problemlos mit einer Hand bedienen, an der Anordnung der seitlichen Bedienelemente (Volume-Tasten, Lautlos-Schalter) hat sich sehr wenig geändert.

Ungewohnt ist das geringe Gewicht des Geräts (112 Gramm). Man muss sich richtiggehend daran gewöhnen, ein Leichtgewicht in der Hosentasche mitzuführen. Die Reaktionen der Leute, die es zum ersten Mal in der Hand halten, sind eindrücklich. «Verdammt leicht», ist öfters zu hören. Nicht wenige finden das iPhone 5 gar «zu leicht».

Deutlich mehr Power

Das Herz des neuen iPhones ist ein von Apple konzipierter Chip namens A6. Wie die Geekbench-App verrät, kann der leistungsstarke Dual-Core-Prozessor auf einen Arbeitsspeicher (RAM) von einem Gigabyte (GB) zurückgreifen. Unser schwarzes Testgerät startet nach dem ersten Einrichten im Schnitt in 18 Sekunden auf und zeigt den größeren, das heißt in die Breite gezogenen Home Screen an.

Auf der Apple-Website sind einige technischen Spezifikationen zum iPhone 5 zu finden. Über den A6-Prozessor schweigt sich das Unternehmen wie gewohnt aus. Unabhängige Tests zeigen, dass das iPhone mit den schnellsten Herausforderern problemlos mithalten kann.

Was den normalen Nutzer interessiert: Im alltäglichen Betrieb läuft das iPhone rasend schnell. Und auch beim Surfen mit dem Safari-Browser werden neue Inhalte in Sekundenbruchteilen geladen – hier bremst höchstens die eigene Internet-Verbindung.

Das Display

Schon das iPhone 4S besitzt eines der besten auf dem Markt erhältlichen Displays. Auch beim neuen Gerät überzeugt die gestochen scharfe Darstellung von Bild und Text. Der auf eine Diagonale von 4 Zoll gewachsene Bildschirm zeigt seine Stärken, wenn man bei iTunes einen Kino-Trailer (im 16:9-Format) anschaut.

Aber auch beim Gamen kommt die Grafik-Power voll zum Tragen. Das iPhone 5 spielt hochauflösende Videos jederzeit ruckelfrei ab und der Sound kann sich dank verbesserter Lautsprecher hören lassen. Wer die mitgelieferten «EarPods» ausprobiert, wird von satten Tönen überrascht.

Hält der Akku?

Angesichts der gesteigerten Leistung stellt sich die Frage, ob der Akku mitspielt. Antwort: Diesbezüglich scheint Apple sein Versprechen zu halten. Das Testgerät werkelt problemlos einen ganzen Arbeitstag, bevor es via Ladekabel zum «Tanken» muss.

Womit wir beim neuen Dock Connector wären, der nun Lightning heißt und deutlich kleiner ist als sein sperriger Vorgänger. Das Einstecken ist absolut idiotensicher, auch im Dunkeln – das lästige Herumfummeln, USB lässt grüssen, wird hinfällig. Zu wünschen übrig lässt die Geschwindigkeit der Datenübertragung. Wenn man eine größere Datei via Kabel transferieren muss, dauert das seine Zeit. Vom turboschnellen Thunderbolt-Übertragungsstandard – wie bei neuen Macs – keine Spur.

Gegenüber dem US-Blog Engadget hat Apple inzwischen bestätigt, dass die Daten nur mit USB-2-Tempo fließen. Der neue Stecker ist aber für viele iPhone-Nutzer aus anderen Gründen ein großes Ärgernis. Sie müssen zusätzliche Adapter kaufen, um ihr Zubehör (Lautsprecher- und Docking-Systeme, etc.) weiterhin nutzen zu können.

Die Software

Das iPhone 5 wird mit der neusten Version von Apples mobilem Betriebssystem (iOS 6) ausgeliefert. Die für viele Nutzer wichtigste vorinstallierte App dürfte – neben der Kamera – die Karten-App sein. Und genau hier hat Apple gewaltigen Aufholbedarf gegenüber Erzfeind Google. Mit iOS 6 hat man bekanntlich Google Maps rausgeschmissen, doch Apple Maps hat noch einige Kinderkrankheiten.

Weil die neue Karten-App massiv in der Kritik steht, haben wir sie genauer unter die Lupe genommen. Fazit: Die Orientierung klappt schnell und zufriedenstellend, solange man bei der Karten-Ansicht bleibt und nicht die Satellitenbild-Ansicht wählt.

Die Turn-by-Turn-Navigation verläuft bei verschiedenen Auto-Testfahrten und Fußmärschen wie gewünscht und zum Teil sogar besser, als man es von kostenpflichtigen Navigations-Apps gewohnt ist. Alternativ-Routen werden in Sekundenbruchteilen berechnet, verständlich sind auch die Anweisungen durch Sprachassistentin Siri. Was fehlt, ist ein Spur-Assistent, der auf Kreuzungen und bei anderen mehrspurigen Straßen den Weg weist.

Die iPhone-Kamera ist dank A6-Chip nochmals deutlich schneller geworden. Der Auslöser reagiert sofort und es lassen sich in Paparazzo-Manier Bildserien schießen. Ein weiterer Pluspunkt ist die Möglichkeit, von Videoaufnahmen Standbilder in voller Auflösung zu erstellen.

Plus und Minus

Apple geht den mit dem iPhone 4 eingeschlagenen Weg konsequent weiter. Das edel-nüchterne Industrie-Design ist Geschmacksache und eigentlich nur die annähernd perfekte «Verpackung» für die wirklich wichtigen Dinge. Basis ist das mächtige Apple-Ökosystem, eine gut abgesicherte Plattform für alle möglichen multimedialen Inhalte und eine Vielzahl von Apps. Anmerkung: Die meisten bisherigen iPhone-Apps von Drittentwicklern laufen tadellos auf dem neuen iPhone. Solange sie nicht für das grössere Display optimiert sind, werden sie allerdings in einem dünnen schwarzen Rahmen angezeigt.

Bei den von Apple gelieferten Standard-Apps gibts Minuspunkte für die Karten-App, die qualitativ noch weit von Marktleader Google Maps entfernt ist. Dafür ist beim neuen iPhone schon heute ein funktionierendes Navigations-System im relativ hohen Preis inbegriffen.

Kaufen?

Fazit: Das iPhone 5 ist ein Spitzen-Smartphone, das bezüglich der Verarbeitung Maßstäbe setzt. Wessen Blick nicht durch die Android- oder Windows-Phone-Fanbrille getrübt ist, wird dies beim «Hands on» erkennen. Das Ausprobieren ist auch noch aus einem anderen Grund empfehlenswert. Dabei kann man auch gleich die passende Farbe bestimmen. Die Wahl zwischen Schwarz oder Weiß ist nicht gerade leicht.

Wer mitten in einem Mobilfunkabo-Vertrag steckt und/oder bereits ein iPhone 4S sein Eigen nennt, kann natürlich auch bis im nächsten Herbst warten. Das iPhone 5S kommt bestimmt – natürlich mit Fingerabdruck-Scanner und so.

(L'essentiel Online/Daniel Schurter)

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