Zensuristan: Das Video, das Sie nicht sehen dürfen

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ZensuristanDas Video, das Sie nicht sehen dürfen

Der Herrscher der Turkmenen fällt nicht vom Pferd. Wenn doch, filmt es keiner. Und wenn doch, durchsucht man die Passagiere am Flughafen. Der Clip landet trotzdem im Netz.

Die Turkmenen sind ein Reitervolk und so ist es nicht verwunderlich, dass das Ross dort hohen Stellenwert geniesst. Für die eigene turkmenische Pferderasse, dem Akhal-Teke, wird Jahr für Jahr gar ein eigenes Fest inklusive Rennen ausgerichtet. Der prominenteste Jockey bei der letzten Veranstaltung am 28. April hieß der prominenteste Jockey Gurbanguly Berdimuhamedow, das Staatsoberhaupt der 6,7 Millionen Einwohner.

Auf seinem treuen Pferd «Kraftvoll» lag der 56-jährige Autokrat im Ziel sogar die berühmte Nasenlänge vorn, doch in Turkmenistan sucht man dennoch vergeblich nach einem Clip des siegreichen Laufs. Der Grund dafür ist niederschmetternd: Berdimuhamedow stürzte kurz nach dem Überqueren der Linie mitsamt seinem Ross. Wer zweifelt, dass es sich um den Machthaber handelt, dem werden spätestens die herbeieilenden Security-Schergen die Augen öffnen, die den Gefallenen in einem schwarzen Van auflesen.

Sicherheitschecks, Kamerakontrolle, Festnahmen...

Einen derartigen Niedergang konnte der Alleinherrscher seinem Volk natürlich nicht zumuten: Er ließ am Flughafen von Aschgabad die Sicherheitschecks verschärfen, damit kein Video des Rennens aus dem Land geschafft werden kann, meldet die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf Oppositionskreise. Tablet-Computer, Handys und Kameras wurden dabei besonders genau unter die Lupe genommen. Es habe demnach auch Festnahmen gegeben.

Das Outing erfolgte dann ausgerechnet durchs russische Staatsfernsehen: Websites aus dem Nachbarland seien seither in Turkmenistan nicht mehr zu erreichen oder würden nur sehr langsam laden. Seine Untertanen werden dennoch weiter versuchen, sich selbst ein Bild vom Pferdesturz zu machen. Da hilft es Berdimuhamedow, dem «Beschützer» seines Landes, auch nichts, dass er die Siegprämie von elf Millionen Dollar öffentlichkeitswirksam an karikative Pferdeeinrichtungen gespendet hat.

(L'essentiel Online/phi)

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