Arran-Aktivist«Der Protest richtet sich nicht gegen die Touristen»
In Spanien herrscht «Tourismusphobie». Im Interview sagt ein Linksradikaler, warum.

Mit Protestaktionen gegen den Massentourismus geriet die katalanische linksradikale Gruppierung Arran jüngst in die Schlagzeilen. Ihr Sprecher, Pau Oliver (24) aus Palma de Mallorca, erklärt, warum sie sich so heftig wehrt.
Herr Oliver, warum will Arran keine Touristen mehr?
Unsere Organisation will in erster Linie dem Massentourismus Grenzen setzen. Es ist nicht der Tourismus an sich, der schadet, sondern wie er betrieben wird. Die Situation, so wie sie heute ist, ist nicht mehr haltbar. Dass ein Land vom Tourismus lebt, muss nicht bedeuten, dass für die Bevölkerung eine schlechtere Lebensqualität herrscht.
Inwiefern herrscht eine schlechte Lebensqualität?
Die Straßen sind mit den vielen Mietautos verstopft, in den Stadtzentren spazieren regelrechte Menschenmassen und es herrscht ständig Lärm. Schlussendlich gibt es auch negative Folgen auf die Umwelt.
Haben Sie selber schlechte Erfahrungen mit ausländischen Feriengästen gemacht?
Im Gebäude, in dem meine Mutter wohnt, werden zwei Wohnungen an Touristen vermietet und da kommt es immer wieder zu Konflikten. Vor allem wegen Lärm.
Welche Maßnahmen müssten getroffen werden, damit der Massentourismus den Bewohnern nicht schadet?
Arran stellt für eine kurzfristige Lösung zwei Forderungen: Dass keine neuen Hotels mehr gebaut werden und dass die Anzahl von Ferienwohnungen begrenzt wird. Längerfristig wollen wir eine Debatte darüber führen, ob es auch sinnvoll wäre, den Tourismus zu regulieren.
Arran hat neulich die Reifen von Touristenfahrräder zerstochen und ist bei Protesten auf Touristen losgegangen.
Die Proteste waren nicht gegen die Touristen gerichtet, sondern gegen die lokalen Politiker. Unser Ziel ist es, auf die Probleme des Massentourismus aufmerksam zu machen.
Ist das nicht kontraproduktiv?
Nein, die Debatte läuft und die Gesellschaft hat verstanden, dass es so nicht weitergeht und dass es einen Wandel geben muss.
Sie haben dafür viel Kritik geerntet. Die spanischen Medien waren voll davon.
Zum Teil, weil sie die Interessen der Unternehmen vertreten. Sie kriminalisieren unter anderem zivile Organisationen, die friedliche Demonstrationen organisieren. Wenn sich 20 bis 30 Personen für einen Protest zusammentun, dann stehen drei bis vier Kastenwagen der Polizei bereit. Wenn es aber wegen randalierender Touristen Probleme gibt, dann kommt die Polizei oft gar nicht.
Aber das Land lebt vom Tourismus. Rund 2,5 Millionen Arbeitsplätze hängen davon ab.
Es braucht ein neues Modell für den Tourismus. Die Unternehmen, die vom Tourismus leben, sollten höher besteuert werden. Mit diesen Einnahmen könnte die Wirtschaft diversifiziert werden, damit wir nicht nur vom Tourismus abhängig sind.
Machen Sie selbst Ferien im Ausland?
Ja, natürlich. Reisen ist eine bereichernde Erfahrung und die wollen wir auch niemandem nehmen.
(L'essentiel)