Legendäre BandDer Schlachthof kann warten: Fury sind zurück
Ihre Hymne «Won't forget these days» fehlt heute noch auf keiner Abi-Party. In den 1990er Jahren zählte Fury zu den erfolgreichsten deutschen Bands. 2008 verkündeten die Brüder Wingenfelder und ihre Kollegen die Trennung. Zum 30. Geburtstag feiern sie Versöhnung.

Fury sind zurück – im alten Proberaum!
DPA/Peter SteffenSie proben wieder da, wo alles angefangen hat - im Unabhängigen Jugendzentrum Glocksee, zur Zeit der Chaostage in Hannover Rückzugsort für die Punks. Vor 30 Jahren trafen sich sechs junge Musiker hier im Keller, bastelten an ihren ersten eigenen Songs und erfanden ihren schrägen Bandnamen Fury in the Slaughterhouse. Mit Gitarrenrock, inspiriert von den Rolling Stones und U2, starteten die Freunde von Hannover aus eine Karriere, die sie bis in die USA führte. 2008 war dann nach mehr als vier Millionen verkauften Alben Schluss mit Fury - die Mitglieder konnten musikalisch nicht mehr miteinander.
Neue CD-Box
2017 ist Fury wieder da, und wie! Zum 30-jährigen Bandjubiläum gibt es die CD-Box «30» inklusive sechs neuer Songs sowie 17 Konzerte in ganz Deutschland. Die 36 000 Karten für die drei Shows in ihrer Heimatstadt am 10., 11. und 12. März waren innerhalb von zwei Tagen weg. Nur deshalb hätten sie weitere Termine angehängt, sagt Leadsänger Kai Wingenfelder. Von einem Comeback will er nicht sprechen. «Comeback ist ein Riesen-Wort. Wir machen jetzt ein Jahr Fury-Spaß und dann gucken wir weiter», meint der 57-Jährige. Der Abschied 2008 sei genau die richtige Entscheidung gewesen. «Wir wollten nicht noch 20 Jahre auf jedem Schützenfest spielen, um uns am Ende selber nicht mehr hören zu können.»
In der Endphase gab es bei Fury erst Riesen-Krach, dann Langeweile und eisiges Schweigen, nach der nur von wenigen kurzen Benefiz-Auftritten und einem Konzert unterbrochenen Pause macht es den Musikern im alten Bandkeller wieder sichtlich Spaß.
Immer noch ein einsamer Junge
Gitarrist Christof Stein-Schneider muss sich dumme Sprüche der Kollegen anhören, bevor er den Anfang von «Kick it out» singt: «I'm just a lonely boy drinking too much liquor ...» Mit 54 gesungen hat die Zeile tatsächlich ihre Komik, doch es steckt Wahres drin: «Es gab Zeiten, da kann ich mich nicht mehr an die Hälfte erinnern, weil ich so besoffen war», sagt Stein-Schneider. «Glücklicherweise überlebt.» Die rote Mähne und die Zigarette im Mund waren sein Markenzeichen. Die Haare sind noch da, doch das Rauchen - 30 bis 50 Kippen täglich - hat Stein-Schneider aufgegeben.
Der Fury-Gitarrist hat den Glocksee-Keller nie verlassen, hier entstanden die Aufnahmen seiner Band Wohnraumhelden. Auch die Wingenfelder-Brüder Kai und Thorsten produzierten in der Pause fleißig Alben und waren mit ihren deutschsprachigen Liedern unterwegs. Schlagzeuger Rainer Schumann engagierte sich unter anderem im Projekt «Klang und Leben» und musizierte dabei mit Demenzkranken in Pflegeheimen.
Gerne alt
Und jetzt im Keller? Fühlen sie sich in die Anfangsjahre zurückversetzt? «Das ist gefährlich, wenn man sich wieder wie 20 fühlt», meint Kai Wingenfelder. «Ich bin ganz gerne so alt, wie ich jetzt bin, weil es einfacher und angenehmer ist.» Der Familienvater wohnt inzwischen bei Flensburg, sein Bruder Thorsten in der Nähe von Köln. Während der Proben in Hannover sind sie ins Hotel gezogen, nicht mehr wie vor 30 Jahren in eine WG mit den Bandkollegen. Noch einmal zusammenwohnen? «Gott bewahre», sagt Stein-Schneider. So weit wollen sie trotz aller Nostalgie nicht mehr gehen.
(L'essentiel)