Chris Andersen – Der schrägste Gockel der NBA überflügelt alle

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Chris AndersenDer schrägste Gockel der NBA überflügelt alle

Chris «Birdman» Andersen startete seine Karriere in China und wurde wegen Drogen gesperrt. Nach sechs Monaten ohne Job holten ihn die Miami Heat. Nun zeigt er's allen.

Titelverteidiger Miami Heat steht nach dem Sweep gegen die Milwaukee Bucks als erstes Team in der nächsten Runde der NBA-Playoffs. Der Weg zum Meisterring dürfte auch in dieser Saison wieder über das Team aus Florida führen. Hauptgrund dafür sind nicht nur die bekannten Superstars wie LeBron James, Dwayne Wade oder Chris Bosh, sondern seit Januar auch Chris Andersen.

Der Birdman war seit 2008 eigentlich bei den Denver Nuggets mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet. Doch im letzten Sommer wurde dieser – unter Angabe zumindest etwas dubiosen Gründen - aufgelöst. Der 34-Jährige fand ein halbes Jahr kein Team mehr und die Karriere drohte durch die Hintertür zu enden. Bis im Januar die Heat bei Andersen anklopften.

Die Jubelpose mit starrem Blick

Sie wiesen damals trotz guter Platzierung extrem schlechte Werte bei den Offensiv- und Defensiv-Rebounds aus und gaben dem «Birdman» einen 10-Tages-«Testvertrag». Dieser wurde erst um weitere zehn Tage verlängert und am 8. Februar in einen Kontrakt bis Ende Saison umgewandelt. Mit Erfolg: Seit der Dunk- und Reboundspezialist im Team steht, gab es bei fast 50 Partien nur noch drei Niederlagen für den amtierenden Champion.

Andersen überzeugte in den ersten vier Playoff-Partien zudem als Punktesammler. Dreimal kam er gegen die Milwaukee Bucks über die 10-Zähler-Marke. Und wenn er auf dem Feld stand, holten die Heat 40 Prozent der Offensivrebounds. Eine fantastische Quote. Er selbst sagt bescheiden: «Sie haben mich dafür geholt. Ich mache meine Arbeit.»

Unterstützt arme Fans

Doch nicht nur seine sportliche Leistung lässt den Paradiesvogel auffallen. Sein Körper ist mit farbigen Tattoos übersäht, ein schwarzes Stirnband und sein – bis auf den Irokesenbüschel - kahlgeschorener Kopf lassen ihn zum Publikumsliebling werden. Nicht wenige Kinder wollen auch so aussehen wie der 34-Jährige. Was nicht alle Eltern erfreut. Andersen – der gerne fischen oder ins Kino geht und früher auch Trompete und Saxophon spielte – versucht einiges, um von seinem Badboy-Image wegzukommen.

So unterstützt er meist Fans aus ärmeren Schichten und verschenkt viele Tickets zu seinen Spielen. Wenn dem 2.08-m-Riesen ein starker Block oder Dunk gelingt, jubelt er, indem er seine Arme wie Flügel von sich streckt und mit starrem, fast irrem Blick den tosenden Applaus genießt (Video unten). Sein Spitzname «Birdman» ist Programm. Er fliegt durch die Lüfte und bringt die Gegner zur Verzweiflung. «Free bird» steht auf seinem Hals tätowiert, Flügel schmücken seine Oberarme.

Peinlichkeit am All-Star-Weekend

Dabei musste Andersen auch schon unzählige Rückschläge einstecken. Im Alter von 21 Jahren wurde er 1999 von keinem NBA-Team gedraftet. Er lancierte seine Karriere daher in China bei Jiangsu Nangang. Nach einem Jahr ging es zurück in untere Ligen der USA, 2001 wurde aber der NBA-Traum bei den Denver Nuggets doch noch wahr.

Sein Körper war da noch untätowiert, er trug eine brave Kurzhaarfrisur. 2004 folgte der Wechsel zu den New Orleans Hornets. Als einer der besten Dunker schaffte es Andersen 2004 und 2005 in den Slam-Dunk-Contest beim Allstar-Weekend. Er gewann den Wettbewerb nicht, vielmehr leistete er sich eine gröbere Peinlichkeit, über welche heute noch gelacht wird: Der erste Dunk gelang ihm erst im neunten Versuch, der zweite erst im sechsten (Video unten). Andersen wurde Letzter im Wettbewerb.

Doch bald sollte es noch schlimmer kommen: 2006 wurde der Center und Power Forward wegen Drogenmissbrauch für zwei Jahre gesperrt. Im März 2008 kam der 2.08-m-Hüne zurück und beendete die Saison mit den Hornets. Danach ging es zurück zu den Nuggets, wo er die Saison als zweitbester Blocker der NBA abschloss, obwohl er nur jeweils gut 20 Minuten pro Partie zum Einsatz kam. Der Dank war ein neuer Fünfjahresvertrag, doch wie erwähnt kam es 2012 zum Bruch.

Gibts einen neuen Vertrag?

Jetzt bietet sich Andersen die Möglichkeit, seinen ersten NBA-Titel einzufahren. Nicht wenige sagen, er könne der MVP der Playoffs werden und Stars wie James oder Wade in den Schatten stellen. Die Heat wollen seinen Vertrag verlängern. Doch bisher scheiterte dies am Geld.

Für die fünf Monate von Februar bis Ende Saison dürfte Andersen rund 700'000 Dollar kassieren. Ein neuer, mit 3,2 Millionen Dollar dotierter Jahresvertrag scheint dem Spieler zu wenig zu sein. Womöglich erhöht Miami das Angebot, wenn der «Birdman» weiterhin der Überflieger bleibt.

(L'essentiel Online)

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