Corinne Cahen«Derzeit kommen hier täglich 30 Flüchtlinge an»
LUXEMBURG - Die Flüchtlingskrise erwischt das Großherzogtum dieser Tage mit voller Wucht. Die Regierung kann nur reagieren. Zum Agieren ist es zu spät.

Familienministerin Corinne Cahen und Premier Xavier Bettel haben am Freitagmittag erklärt, wie die Regierung der «massiven» Flüchtlingskrise begegnen will.
L'essentiel/Philip WeberObwohl Flüchtlinge zu Tausenden bereits seit Monaten versuchen, Europa lebend zu erreichen, sind die Regierungen der reichen EU-Staaten von der Situation zusehends überfordert – scheinen fast überrascht. Auch das Großherzogtum wird jetzt, trotz Vorbereitung, mit voller Wucht von der Flüchtlingskrise getroffen. Der Regierung bleibt nur zu reagieren. Wie eng das Zeitfenster plötzlich ist, belegt ein nur zwei Stunden zuvor einberufenes Pressebriefing vor dem Staatsministerium am Freitagmittag. Zuvor hatte der Regierungsrat getagt und Notfallmaßnahmen beschlossen.
Zelte in der «Foire»
Demnach werden drei neue Erstaufnahmeeinrichtungen eingerichtet. In der alten CHL-Maternité in der Route d'Arlon in Luxemburg-Stadt sollen 100 Personen aufgenommen werden können, im früheren Gebäude des Logopädie-Zentrums in Strassen 300. In zwei Gebäuden der früheren CHNP-Kaserne in Ettelbrück sollen 200 Flüchtlinge unterkommen. Zudem sei denkbar, Flüchtlinge in der Messehalle der «Foire» zu beherbergen. Dort würden dann Zelte aufgeschlagen, damit die Menschen ein Minimum an Privatsphäre haben. Und für wie lange? Das sei schwer einzuschätzen: «Normalerweise dauert die Erstaufnahme sechs bis acht Wochen. Aber wir befinden uns in keinem Normalfall», erklärt Familienministerin Corinne Cahen.
Die Flüchtlingsflut sei «immens». Rund 30 Menschen erreichten derzeit täglich das Großherzogtum. «Vor zwei Wochen gingen wir noch von 300 pro Monat aus. Man kann sich leicht ausrechnen, dass das jetzt schon nicht mehr hinkommt», so die DP-Politikerin. Deshalb sei es auch unmöglich, Prognosen zu stellen: «Wir wissen einfach nicht, wie viele kommen werden.»
Doch die Regierung sieht es als ihre Pflicht an, «diese notwendige humanitäre Hilfe zu leisten», wie Xavier Bettel erklärte. Das dies Geld koste, stehe außer Frage, doch dieses werde man aufbringen. Finanzminister Pierre Gramegna sei eng in die Entscheidungen eingebunden, so der Premier. Außerdem würde das Luxemburger Amt für Aufnahme und Integration (Olai) um 20 Personen aufgestockt. Bis diese gefunden seien, würden Beamte aus den Ministerien zur Verfügung gestellt.
Standortsuche für Wohncontainer
Wissend, dass der derzeit für Flüchtlinge in Luxemburg zur Verfügung stehende Platz hinten und vorne nicht reichen wird, bringt die Regierung das Projekt Container voran. Es sei eine Liste möglicher Standorte erstellt worden, welche jetzt geprüft würden. Details wolle man solange keine bekanntgeben. Nur soviel: Jede Einheit biete Platz für 300 Flüchtlinge. «Wir wollen mit zwei Standorten beginnen. Aber wenn es so weiter geht, brauchen wir mehr», so Cahen.
(Philip Weber/L'essentiel)