Gericht urteilt – Deutsche Städte dürfen Diesel-Autos verbieten

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Gericht urteiltDeutsche Städte dürfen Diesel-Autos verbieten

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig macht den Weg für Fahrverbote frei. Städte können schmutzige Diesel-Pkw in Zukunft von den Straßen verbannen.

Der morgendliche Berufsverkehr fließt über den Kaiserdamm in Richtung Berlin Mitte. (Archivbild)

Der morgendliche Berufsverkehr fließt über den Kaiserdamm in Richtung Berlin Mitte. (Archivbild)

Michael Kappeler/dpa

Das Bundesverwaltungsgericht hält Diesel-Fahrverbote für bessere Luft in Städten nach geltendem Recht für grundsätzlich zulässig. Die Städte Düsseldorf und Stuttgart müssten aber ihre Luftreinhaltepläne auf Verhältnismäßigkeit prüfen, urteilte das Gericht in Leipzig am Dienstag. Das Urteil sieht zudem Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen vor. «Wir haben ab heute Diesel-Fahrverbote durchgesetzt», sagte der Chef der klagenden Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch.

Das Bundesverwaltungsgericht wies Revisionen der Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gegen Urteile der Verwaltungsgerichte Stuttgart und Düsseldorf «überwiegend» zurück.

Nur ältere Fahrzeuge betroffen

Für Stuttgart urteilte das Bundesverwaltungsgericht, dass eine phasenweise Einführung von Verkehrsverboten zu prüfen sei, die in einer ersten Stufe nur ältere Fahrzeuge betreffe – etwa bis zur Abgasnorm Euro 4. Um die Verhältnismäßigkeit herzustellen, dürften Euro-5-Fahrzeuge nicht vor dem 1. September 2019 mit Verkehrsverboten belegt werden.

Es gebe keine finanzielle Ausgleichspflicht, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher. Dies zielt darauf, dass Dieselautos im Falle von Fahrverboten an Wert verlieren könnten. «Gewisse Wertverluste sind hinzunehmen», sagte Korbmacher. Die zuständigen Landesbehörden hätten es in der Hand, einen «Flickenteppich» zu verhindern. Außerdem solle es Ausnahmeregelungen etwa für Handwerker geben.

Konkrete Umsetzung noch offen

Zu Düsseldorf urteilte das Bundesverwaltungsgericht, die Behörden hätten Fahrverbote ernsthaft in den Blick zu nehmen, wenn diese die einzig geeignete Maßnahme wären, die Grenzwerte einzuhalten.

Die Verwaltungsgerichte in Stuttgart und Düsseldorf hatten zuvor entschieden, Luftreinhaltepläne müssten verschärft werden– dabei seien auch Fahrverbote in Betracht zu ziehen. Die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen argumentierten dagegen, es brauche eine neue bundesweite Rechtsgrundlage. Diese Auffassung wiesen die Richter in Leipzig nun zurück.

Das Urteil bedeutet nicht, dass nun automatisch Fahrverbote kommen. Es könnte noch Wochen oder Monate dauern, bis Fahrbeschränkungen wirklich in die jeweiligen Luftreinhaltepläne aufgenommen werden. Für wen sie gelten würden und wie die Städte das organisieren und kontrollieren könnten, ist offen. Fahrverbote bleiben trotz des Grundsatzurteils von Stadt zu Stadt eine Einzelfallentscheidung.

Diesel-Autos verpesten Stadtluft

Seit Jahren werden in vielen Städten Luftverschmutzungs-Grenzwerte nicht eingehalten. Dabei geht es um Stickoxide, die unter anderem Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen oder verschlimmern können. Der Verkehr, darunter vor allem Dieselautos, macht in Städten nach Angaben des Umweltbundesamts mehr als 60 Prozent der Belastung aus. Für die Einhaltung von Grenzwerten, die seit 2010 gelten, laufen seit Jahren Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Auch die Verfahren in Düsseldorf und Stuttgart gingen auf DUH-Klagen zurück.

Deutschland hat wegen der Luftverschmutzung in Städten auch Ärger mit der EU. Die EU-Kommission hatte die bisherigen Anstrengungen für bessere Luft als nicht ausreichend kritisiert und die schnellstmögliche Einhaltung der Grenzwerte gefordert – andernfalls droht eine Klage gegen Deutschland beim EuGH.

(L'essentiel/dpa)

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