McCain vs. Putin«Die Russen haben etwas Besseres verdient als Sie»
Neulich hetzte Wladimir Putin in der «New York Times» gegen Amerika. Nun kommt die Retourkutsche von US-Senator John McCain – standesgemäß in der «Prawda».

McCains Gastbeitrag in der «Prawda». (Bild: Screenshot pravda.ru)
Zwischen Moskau und Washington ist ein Kalter Krieg ausgebrochen, wenn auch nur auf Papier: Nachdem der russische Präsident in einem Kommentar in der «New York Times» ätzende Kritik an den USA übte, revanchiert sich heute Donnerstag US-Senator John McCain in der russischen Tageszeitung «Prawda»: In einem scharf formulierten Gastbeitrag mit dem Titel «Die Russen haben etwas Besseres als Putin verdient» geht der 77-jährige Außenpolitiker mit dem Russen hart ins Gericht.
«Ich bin nicht Anti-Russland. Ich bin Pro-Russland, mehr als das Regime, das euch schlecht regiert», beginnt McCain. Die Russen seien wie die Amerikaner vom Schöpfer mit denselben unveräußerlichen Rechten auf Leben, Freiheit und dem Streben nach Glück ausgestattet worden, zitiert er aus der Präambel der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung aus dem Jahr 1776. «Ein russischer Bürger könnte keinen solchen Beitrag veröffentlichen, wie ich ihn hier darlege», so McCain, bevor er sich regelrecht in Rage schreibt.
McCain spart nicht mit Kritik
«Präsident Putin und seine Gefolgsleute respektieren weder Ihre Würde noch Ihre Souveränität als Bürger. Sie bestrafen und sperren Dissidenten ein. Sie fälschen Wahlen. Sie kontrollieren die Medien. Sie schikanieren, bedrohen und verbieten Organisationen, die sich für Ihr Recht auf Selbstbestimmung einsetzen. Um ihre Macht zu behalten, fördern sie Korruption in der Justiz und in der Wirtschaft. Sie terrorisieren und ermorden Journalisten, die ihre Korruption aufdecken wollen.»
Auch die schwulenfeindlichen Gesetze und die inhaftierten Mitglieder der Punkband Pussy Riot erwähnt McCain. Dann geht er ausführlich auf den Fall des russischen Wirtschaftsprüfers Sergei Magnitski ein, der einen staatlichen Steuerbetrug aufdeckte und dafür ins Gefängnis wanderte, wo er unter ungeklärten Umständen 2009 starb.
McCain hält Putin für einen Versager
«Präsident Putin behauptet, er wolle Russland zu alter Größe zu Hause und in der Welt verhelfen», so McCain weiter. Er lässt keinen Zweifel aufkommen, dass er den Autokraten in seiner Mission für gescheitert hält: Putin habe eine Volkswirtschaft begründet, die mehrheitlich auf Rohstoffen beruht, die irgendwann aufgebraucht sind, zumal sie sowieso nur einige wenige reich machen. Investoren würden Russland wegen fehlender Rechtssicherheit meiden.
Was das internationale Ansehen anbelangt, so wirft McCain Putin vor, Russland mit «einigen der bedrohlichsten Tyranneien» zu verbünden, vor allem Syrien. «Er vergrößert das Ansehen Russlands nicht, er zerstört es», so das Polit-Urgestein.
Klares Verdikt der Prawda-Leser
McCain schließt seinen Gastbeitrag mit einer Liebeserklärung: Er glaube an die Stärke Russlands und lobt seinen heroischen Kampf gegen Nazi-Deutschland. Seine Kritik gelte der russischen Führung, nicht den Bürgern. Er warte auf den Tag, an dem die Russen eine Regierung erhalten, die wirklich ihre Interessen vertrete.
In einem Online-Poll am Schluss des Beitrags fragte «Prawda» seine Leser, ob sie mit den Argumenten McCains einverstanden sind. 31 Prozent sagten Ja, 64 Prozent sagten Nein und 5 Prozent wollten ihre Meinung nicht öffentlich machen.
(L'essentiel Online/kri)