Schweigegeldzahlungen : «Ich denke nicht, dass die Anklage gegen Donald Trump politisch ist» 

Publiziert

Schweigegeldzahlungen«Ich denke nicht, dass die Anklage gegen Donald Trump politisch ist»

Donald Trump schafft es in die Geschichtsbücher und muss sich als erster ehemaliger Präsident der USA vor Gericht verantworten. Nützt oder schadet das Trump, der für 2024 wieder antritt? Fragen an Politexperten Thomas Jäger. 

Ann Guenter
von
Ann Guenter
Die genauen Vorwürfe gegen Donald Trump waren am Freitag noch unklar, weil die Anklageschrift versiegelt war.
Trump wird vorgeworfen, in seinem Namen Zahlungen an zwei Frauen während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 getätigt zu haben, um ihr Schweigen zu erkaufen. Die Frauen gaben an, sexuelle Kontakte zu Trump gehabt zu haben.
Trumps ehemaliger Anwalt, Michael Cohen, sagte aus, er habe die Zahlungen in Höhe von insgesamt 280.000 Dollar an die Frauen organisiert.  Die Staatsanwaltschaft in Manhattan hatte untersucht, ob dabei gegen Gesetze verstoßen worden war.
1 / 3

Die genauen Vorwürfe gegen Donald Trump waren am Freitag noch unklar, weil die Anklageschrift versiegelt war.

REUTERS

In einer Affäre um mutmaßiche Schweigegeldzahlungen muss sich Donald Trump als erster ehemaliger US-Präsident vor Gericht verantworten. Trump reagierte erbost und warf den Ermittlern eine politische Verfolgung vor. Auch aus den Reihen der Republikaner wurde die Entscheidung der Grand Jury verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft hat sich bisher nicht dazu geäußert, ob sie im Fall einer Verurteilung eine Gefängnisstrafe anstrebt. Selbst ein Schuldspruch würde Trump aber nicht daran hindern, sich um die Präsidentschaft zu bewerben oder sie im Fall eines Wahlsiegs zu übernehmen.

Herr Jäger, überzeugt die erstmalige Anklage eines ehemaligen US-Präsidenten juristisch?

Die Falschbuchung von Schweigegeld an eine Pornodarstellerin sind unstrittig und stellen lediglich ein Vergehen dar. Zum Verbrechen wird es nach New Yorker Recht dann, wenn damit ein zweites Delikt vertuscht oder begangen wurde. Die große Frage ist, was die Staatsanwaltschaft Trump nachweisen kann. Auf jeden Fall muss diese Anklage hieb- und stichfest sein. Ob sie das ist, wird sich bei der Anklageverlesung vom Dienstag zeigen. Sie konnte jedenfalls die Laienjury überzeugen, die die Anklage zugelassen hat.

Die Argumentationskette der Staatsanwaltschaft soll Beobachtern zufolge nicht völlig überzeugen.

Die Frage, ob es politische oder private Gründe für Trump gab, das Schweigegeld zu zahlen, ist seit Bekanntwerden des Falls umstritten. Wie Oberstaatsanwalt Alvin Bragg argumentiert und welche Beweise er vorlegen kann, wird erst mit der Anklageschrift öffentlich werden. Die Grand Jury hat er überzeugen können. Alles andere, insbesondere, ob seine Beweisführung vor Gericht standhält, ist derzeit offen.

Es gibt andere, schwerwiegendere Vorwürfe gegen Trump – wieso kam es gerade hier zur Anklage?

Weil unklar ist, ob es bei den anderen Verfahren jemals zur Anklage kommen wird. Ermittelt wird ja noch wegen mutmaßlicher Wahlfälschung in Georgia und rund um die entwendeten Geheimpapiere. Es steht auch noch nicht fest, ob es wegen des Sturms auf das Kapitol in Washington zu einer Anklage gegen Trump selbst kommt.

Ist die Anklage gegen Trump politisch motiviert, wie Trump und die Republikaner sagen?

Nein, das denke ich nicht. Aber der Vorwurf verfängt natürlich auch, weil mit Alvin Bragg ein demokratischer Staatsanwalt Trump anklagt - im Gliedstaat Manhattan, dessen Justizministerin vor ihrer Wahl versprochen hatte, gegen Trump vorzugehen. Doch eben: Die Anklage muss juristisch überzeugen, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass mit ihr einem politischen Gegner geschadet werden soll. Ob die Staatsanwaltschaft sauber und unparteiisch gearbeitet hat, wird im kommenden Prozess von Trumps Anwälten bestimmt prominent behandelt.

Nützt Trump die Anklage?

Sie nützt und schadet ihm politisch. Seine Partei stellt sich hinter ihn und er erhält Zuspruch von seinen Wählern: In den Umfragen hat er gegenüber seinen parteiinternen Rivalen zugelegt. Dagegen ist Trump bei der demokratischen und der unabhängigen Wählerschaft unten durch: Sie fühlt sich durch die Anklage Trumps nur bestätigt, dass auch ein ehemaliger Präsident nicht über dem Gesetz steht.

* Der Politikwissenschaftler Thomas Jäger ist Professor für Internationale Politik und Aussenpolitik an der Universität zu Köln.

Deine Meinung zählt

0 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen