In Deutschland – Kritik an Merkel löst Debatte aus

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In DeutschlandKritik an Merkel löst Debatte aus

Ausgerechnet ein Ex-Minister serviert der deutschen Kanzlerin eine Abrechnung mit der Ausrichtung ihrer Politik.

Der ehemalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich übt Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Foto: Michael Kappeler/dpa

Der ehemalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich übt Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Foto: Michael Kappeler/dpa

Wenn es um den Kurs ihrer CDU geht, spricht Angela Merkel gern von einem festen Kompass. «Freiheit des Einzelnen, Verantwortung für unseren Nächsten», definierte die Kanzlerin das christdemokratische Leitsystem gerade beim Parteitag. Dass die CDU damit in mittlerweile 14 Merkel-Jahren als Vorsitzende stark in die Mitte gerückt ist, löst in den eigenen Reihen immer wieder Rumoren aus. Spätestens die stolzen 41,5 Prozent der Union bei der Wahl 2013 ließen Mahner vom konservativen Flügel aber verstummen. Nun facht ausgerechnet Ex-Minister Hans-Peter Friedrich (CSU) eine Debatte an.

Dabei ist es vor allem das Erstarken der Alternative für Deutschland (AfD), das neue Fragen für die Union aufwirft. Auch wenn Merkel darin ausdrücklich kein exklusives Problem der CDU sehen will. Mit seinen nachweihnachtlichen Nadelstichen gegen die Kanzlerin lenkt Friedrich - einst Innen- und Agrarminister an ihrem Kabinettstisch - aber den Blick auf den rechten Rand der Parteienlandschaft. Dort drohe eine außerparlamentarische Opposition, konstatierte er im Spiegel.

Keine kontroversen Debatten

Appelle nach dem Motto «Stammkundschaft vor Laufkundschaft» bekam Merkel auch schon von anderen internen Kritikern zu hören. Etwa vom konservativen «Berliner Kreis» in der Union, der inzwischen jedoch kaum noch präsent ist. Viele langjährige Mitglieder von CDU und CSU hadern nach wie vor damit, wie abrupt Merkel zum Beispiel von der Wehrpflicht abrückte oder zur Atomaussteigerin mutierte. Das greift nun auch Friedrich auf, wenn er der populären Kanzlerin ein Mitschwimmen im stimmungsabhängigen Umfrage-Mainstream ankreidet.

Aufwühlen dürfte seine Kritik die Union denn auch kaum. Zu stark ist das Gefühl der Zufriedenheit, wie erst im Advent beim CDU-Parteitag in Köln zu besichtigen war. Merkel ist unumstritten, auch wenn sie mit 96,7 Prozent nur ihr zweitbestes Ergebnis als Vorsitzende bekam. Kontroverse Debatten: Fehlanzeige. In Umfragen steht die Union stabil über der 40-Prozent-Marke und hält die mitregierende SPD auf Distanz.

Wie geht man mit der AfD um?

Allerdings schwant auch Christdemokraten, dass nicht alles einfach so weitergehen muss. Merkel betont das klare Nein zu Kooperationen mit der AfD. Ob man die Rechtskonservativen besser völlig ignorieren oder offensiv bekämpfen sollte, ist in der CDU aber nicht ganz so klar. Merkel blies auch schon zum Kampf gegen eine rot-rot-grüne Mehrheit bei der Wahl 2017. Als Koalitionspartner liebäugelte die CDU-Chefin bereits genauso mit der dauerschwächelnden FDP wie mit den Grünen.

Dass ausgerechnet Friedrich seine Breitseite abfeuerte, sehen manche auch als «Nachtreten» gegen Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer. Das zielt auf seinen erzwungenen Rücktritt als Agrarminister im Zuge der Affäre um den SPD-Politiker Sebastian Edathy zu Jahresbeginn. Spontan bekam Friedrich in der Union damals eine Sympathiewelle zu spüren.

Nun kommen aber auch andere Mahnungen an die Adresse der CDU-Spitze. So legte Seehofer beim CSU-Parteitag den Finger in die Wunde, dass die Schwesterpartei nur noch in 4 der 15 Länder jenseits Bayerns den Ministerpräsidenten stellt. Und die Union solle sich bloß nicht darauf einlassen, über FDP, Grüne oder andere Partner zu räsonieren. Unions-Wirtschaftspolitiker wünschen sich, die CDU solle überhaupt nicht so oft pragmatisch agieren wie von Merkel gern praktiziert. «Wir brauchen einen Plan, wie am Ende des Tages das Haus aussehen soll», sagte der Vorsitzende des Unions-Mittelstands, Carsten Linnemann, der Welt: «Anstatt nur Stein auf Stein zu legen.»

(L'essentiel/dpa)

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