Polen-AusLewandowski kritisiert seine Mitspieler scharf
Nach dem WM-Vorrunden-Aus leistet sich Robert Lewandowski einen Rundumschlag. Dabei ist der Status des polnischen Stars genug angeschlagen und sein Karriereplan in Gefahr.

Nach Verlängerung und Elfmeterschießen lagen in Saint-Étienne die Nerven blank. Fast genau auf den Tag vor zwei Jahren flogen Bierbecher auf den Platz, die Situation schien zu eskalieren, nachdem die polnischen Spieler ihren Viertelfinal-Einzug gegen die Schweiz provokant vor dem Schweizer Block gefeiert hatten. Öl ins Feuer goss Robert Lewandowski zusätzlich, indem er die Schweizer Spieler verhöhnte. Dabei war Polens Superstar vom FC Bayern (wie rückblickend durchs gesamte Turnier hindurch) unauffällig geblieben.
Deshalb sollte die WM in Russland zur großen Bühne für den Stürmer werden. Direkt nach der Gruppenauslosung, die Polen unter anderem ein Duell mit dem Münchner Mannschaftskollegen James Rodriguez und Kolumbien einbrachte, richtete Lewandowski via Soziale Medien eine Kampfansage an den Torschützenkönig der WM 2014: «Hallo Bruder, ich erinnere mich an deine großartigen Treffer an der WM. Ich hoffe, du wirst dich an meine aus Russland erinnern.»
Doch nach der Vorrunde ist das Turnier für Polen und dessen Superstar schon vorbei – auch wegen eines durch die Bank blassen Lewandowski. Dass er ohne Tor bleibt, schreibt er seinen Teamkollegen mit harscher Kritik zu. «Aus nichts kann ich nichts machen», klagte der Bayern-Stürmer nach dem 0:3-Debakel gegen Kolumbien. «Es gibt keinen Spieler auf der Welt, der den Ball erobert, fünf Gegner und den Torhüter ausspielt und dann ein Tor schießt.»
Selbstkritik ist ein Fremdwort für den Polen
Dabei war es Lewandowski, der gegen Kolumbien unsichtbar war. Selbstkritik bleibt aber ein Fremdwort für den Polen. Wie schon mit den Bayern in der Champions League suchte der Stürmer die Schuld bei den anderen. «Ich hatte keine Torchance», sagte er nach dem Spiel. «Ich wäre wütend auf mich, wenn ich Chancen gehabt hätte. Ich bin ein Stürmer, der von Vorlagen lebt.»
Und dann holte der bisherige Null-WM-Treffer-Torschütze zum Rundumschlag aus und sagte, dass die Mannschaft schlicht «nicht die fußballerische Qualität» habe. Gegen Japan geht es für Lewandowski und Polen nur noch um die Ehre. «Es sind harte Zeiten für uns», sagte der verhinderte Torjäger am Tag nach dem WM-Aus, «ich fühle Bitterkeit, Wut und Ohnmacht.»
Wie weiter mit den Zukunftsplänen
Harte Zeiten könnten auf ihn auch nach der WM warten. Bei den Bayern hat er mit vier Meisterschaften, einem Pokalsieg und dem 2-maligen Gewinn der Torjägerkrone fast alles erreicht. Fast. Das große Ziel, die Champions League zu gewinnen, hat er nicht geschafft. Sein Name wird auch deshalb und trotz Vertrag in München bis 2021 auf dem Transfermarkt gehandelt: Real Madrid, Chelsea, PSG und auch ManUnited sollen seit geraumer Zeit im Raum stehen.
Im Februar hat Lewandowski aus diesem Grund auch den Berater gewechselt und sich mit Pini Zahavi, dem schlauen Berater, der den 222-Millionen-Deal von Neymar nach Paris einfädelte, zusammengetan. Mit dessen Hilfe will der Pole aus München weg. Allerdings haben die Bayern-Verantwortlichen dafür kein Ohr. Zuletzt sollen sie sogar einen von Zahavi erbetenen Gesprächstermin verweigert haben. Und auch einen Tausch mit Real-Angreifer Karim Benzema sollen die Bayern ausgeschlagen haben, wie man in der deutschen und spanischen Presse las.
Die meisten Gerüchte sind inzwischen verstummt. Durchschnittliche Leistungen in der abgelaufenen Champions-League-Saison (Aus der Bayern im Halbfinale) und das baldige Erreichen der 30-Jahre-Marke dämmen das Interesse am Polen auf dem europäischen Markt immer mehr ein. Seine mäßigen Auftritte in Russland und die Rundumschläge gegen Teamkollegen machen es nicht besser. Lewandowskis Karriereplan läuft Gefahr, nicht nach Wunsch aufzugehen.
(L'essentiel/ete)