Leben nach dem Unfall«Man muss wieder lernen, sich zu schützen»
LUXEMBURG - Zwei Jugendliche sind am Wochenende bei einem Unfall nahe Bastogne gestorben. Zwei überlebten. «L'essentiel» fragt nach, wie man ein solches Drama überwinden kann.
L’essentiel: Welche Gefühle herrschen nach so einem schweren Unfall vor wie dieser in der Nähe von Bastogne in Belgien?
Marie-Paule Max von der Luxemburger Vereinigung der Verkehrsunfallopfer AVR: Man kann sich einen Cocktail der Emotionen vorstellen: Trauer, Depression, Ablehnung, Schuldgefühle und sogar Selbst-Anklage. Das ist ein großes Trauma, so einen Unfall überlebt zu haben und das hinterlässt Spuren im Leben. Die Betroffenen können es dann schwer haben, das zu verarbeiten, was sie bereits gesehen oder gehört haben, die ganzen Ängste und Fragen, die ohne Antwort bleiben können. Die psychologische Begleitung ist hier wichtig. Man muss der Person helfen.
Wie unterstützen sie die Leute in so einem Fall?
Man kann vor allem zuerst mit einem Bild oder einem Geräusch arbeiten, die der Betroffene nicht mehr leiden kann, weil sie ihn an den Unfall erinnern. Dann biete ich eine Trauerbegleitung an. Unter solchen Umständen braucht es Zeit, man kann nicht bei so einem schweren Unfall genauso vorgehen, wie bei einem Tod nach einer Krankheit.
Wie sehen die Genesungschancen aus?
Die Beratung eines Psychotramautologen hilft, den Schock zu überwinden, der alles im Körper und in der Psyche blockiert. Diese Arbeit setzt voraus, etwas Abstand von dem Geschehenen zu nehmen und sich in die Zukunft hineinzuversetzen. Man muss erneut lernen, sich zu schützen.
Was ist das Rezept zum Erfolg?
Mann soll das Geschehene akzeptieren. Wir wählen diese Realität nicht aus, wir entscheiden nicht, ob wir überleben oder nicht.
Kann der Selbstmordversuch trotz der Behandlung kommen?
Nicht unbedingt, auch wenn man ihn nicht ganz ausschließen kann. In den vergangenen Jahren sind wir in den ähnlichen Fällen damit nicht konfrontiert gewesen. Um den Suizidversuch zu vermeiden, muss man die betroffene Person in einem netten Umfeld betreuen und ihr gegenüber zuvorkommend auftreten. Man muss immer aufpassen, die Situation nicht zu banalisieren.
L'essentiel Online/ Mathieu Vacon