Charmeoffensive – May sucht Mitstreiter für neue Brexit-Frist

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CharmeoffensiveMay sucht Mitstreiter für neue Brexit-Frist

Am Freitag könnte Großbritannien ohne Brexit-Abkommen aus der EU fliegen. Premierministerin May will eine neue Frist - und dafür Merkel und Macron als Mitstreiter gewinnen.

Gelingt die Charme-Offensive? Premierministerin Theresa May (Mitte) bittet den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel um eine neue Brexit-Frist. (Archivbild/dpa)

Gelingt die Charme-Offensive? Premierministerin Theresa May (Mitte) bittet den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel um eine neue Brexit-Frist. (Archivbild/dpa)

Regierungschefin auf diplomatischer Mission: Kurz vor dem EU-Sondergipfel zum Brexit sucht die britische Premierministerin Theresa May Unterstützung bei Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Merkel will einen Brexit ohne Deal vermeiden – dazu könnte es ohne eine Fristverlängerung für die Briten aber schon an diesem Freitag kommen. Macron sieht eine weitere Verschiebung des Austritts allerdings mit großer Skepsis. Die Europäische Union könne nicht dauerhaft «Geisel» einer politischen Krisenlösung in Großbritannien sein, hatte er vergangene Woche erklärt.

May will an diesem Mittwoch auf dem EU-Sondergipfel in Brüssel um eine Verlängerung der Austrittsfrist bis zum 30. Juni bitten. Die Europäische Union pocht dabei auf einen Plan Mays, wie es im Gezerre um den EU-Austritt der Briten konkret weitergehen soll. Bisher hat das zerstrittene britische Unterhaus dem von May mit der EU ausgehandelten Brexit-Deal drei Abfuhren erteilt.

Notfalls ohne Abkommen mit der EU

Das Parlament soll am Dienstag über Mays Vorschlag für die neue Frist debattieren und könnte ein anderes Datum vorschlagen. Das Mitspracherecht hatten die Abgeordneten sich erst in der Nacht per Gesetz gesichert, um ein Ausscheiden aus der Staatengemeinschaft ohne Abkommen zu verhindern.

Die Regierung hatte das Gesetz, das die Labour-Abgeordnete Yvette Cooper vorgelegt hatte, als unnötig abgelehnt. Cooper erklärte, dass beide Kammern des Parlaments nun klargemacht hätten, dass ein No-Deal unter anderem Arbeitsplätze, die medizinische Versorgung und die Sicherheit im Land gefährde.

Auch die Gespräche zwischen der Regierung und der Opposition gehen am Dienstag weiter, um einen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse zu finden. Die Labour-Partei hatte zuvor starke Kritik an den Verhandlungen geübt: Es gebe kaum Bewegung seitens der Regierung, monierte die Opposition.

Bislang ist der Brexit für Freitag geplant, notfalls ohne Abkommen mit der EU. Sollte sich der Austritt über den 22. Mai hinaus verschieben, müsste Großbritannien einen Tag später an der Wahl des EU-Parlaments teilnehmen, wie eine Regierungssprecherin am Montag sagte. Die Briten wählen immer donnerstags, das wäre der 23. Mai. Gewählt wird in der EU von Donnerstag, 23. Mai, bis Sonntag, 26. Mai.

Sowohl in Großbritannien als auch in den anderen EU-Ländern gibt es Vorbehalte gegen eine Teilnahme der Briten an der Wahl. Bisher ist aber in London kein Kompromiss der zerstrittenen politischen Lager darüber in Sicht, wie das Verhältnis zwischen der EU und Großbritannien nach der Scheidung aussehen soll.

Im schlimmsten Fall Neuwahlen in Großbritannien

Tusk hatte eine Verzögerung des Brexits um bis zu zwölf Monate vorgeschlagen – mit der Option, die EU früher zu verlassen, wenn eine Einigung auf einen Brexit-Deal gelingt. Ursprünglich war der Austritt aus der Staatengemeinschaft bereits für den 29. März geplant.

Der Spitzenkandidat der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) für die Europawahl, Manfred Weber, äußerte sich skeptisch zu einem längeren Brexit-Aufschub. «Längerfristige Vertagungen sind nicht der richtige Weg», sagte der CSU-Politiker vor dem EU-Sondergipfel zum Brexit am Mittwoch der «Passauer Neuen Presse».

Voraussetzung für eine erneute Fristverlängerung sei, dass die britische Politik erkläre, «was sie in dieser Zeit unternehmen will». Und wenn es nicht schnell Ergebnisse gebe, müssten die Briten neu entscheiden: «Das hieße dann: Neuwahlen oder ein zweites Referendum.»

(L'essentiel)

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