323:309 StimmenMays Pakt hält erstem Test Stand
Dank der Stimmen der Abgeordneten der nordirischen DUP hat die britische Premierministerin die Mehrheit des Parlaments auf ihrer Seite. Doch der Erfolg ist trügerisch.
Das britische Parlament hat die Minderheitsregierung von Premierministerin Theresa May bestätigt. Mit 323 zu 309 Stimmen votierten die Abgeordneten der Konservativen Partei und der nordirischen DUP heute für das Regierungsprogramm Mays.
Die Abstimmung galt als Lackmustest für die Minderheitsregierung der Konservativen um May. Die Partei hatte bei der Parlamentswahl vor drei Wochen ihre eigene Mehrheit im britischen Unterhaus eingebüßt. Sie konnte sich aber mit einer umstrittenen Abmachung die Unterstützung der nordirischen DUP (Democratic Unionist Party) sichern.
Zugeständnisse gemacht
Doch auch diese Mehrheit ist hauchdünn. Um eine Schlappe zu verhindern, hatte die Regierung Zugeständnisse gemacht. Wenige Stunden vor der Abstimmung gab sie einer Forderung der Opposition nach, die Kosten für Abtreibungen nordirischer Frauen zu übernehmen.
Bislang müssen Frauen aus dem Landesteil die Kosten für den Eingriff in England oder Wales selbst übernehmen. In Nordirland dürfen nur ausnahmsweise Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.
Weitere Anträge der Opposition konnte die Regierung mithilfe der DUP erfolgreich abschmettern. Sowohl die Forderung nach einem Ende der Sparpolitik als auch ein Bekenntnis zum Europäischen Binnenmarkt fanden keine Mehrheit.
Anfällig für Revolten
Trotzdem hat die Abstimmung für May einen bitteren Nachgeschmack. Sie kann sich ihrer Mehrheit nicht mehr sicher sein und ist anfällig für Revolten innerhalb ihrer eigenen Fraktion.
Denn über die Bedingungen des EU-Austritts gibt es Streit in Mays Kabinett. Dabei geht es um die Frage, ob es einen «harten Brexit», also einen klaren Schnitt mit der EU geben soll. Während diese Linie etwa von Außenminister Boris Johnson vertreten wird, ist Finanzminister Philip Hammond dagegen.
Unter anderem wegen dieser Unstimmigkeiten spekulieren britische Medien, dass May sich nicht lange an der Spitze der Regierung wird halten können. Unter Druck ist sie zudem wegen der Serie von Anschlägen in Großbritannien sowie wegen der Feuerkatastrophe im Londoner Hochhaus Grenfell Tower mit mindestens 80 Toten.
Beobachter gehen davon aus, dass die Politik der Premierministerin in Zukunft weit mehr auf Konsens angelegt sein wird, als in der Vergangenheit. Das Regierungsprogramm war vergangene Woche von Queen Elizabeth II. im Parlament vorgestellt worden. Es geht darin hauptsächlich um den geplanten EU-Austritt Großbritanniens.
London – Berlin – London
May war heute vorzeitig von Berlin nach London zurückgekehrt, um an der Abstimmung über ihr Regierungsprogramm teilzunehmen. In Berlin hatte sie auf Einladung von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel mit den anderen europäischen Staats- und Regierungschefs der G20 an den Vorbereitungen für den kommende Woche in Hamburg stattfindenden G20-Gipfel teilgenommen.
(L'essentiel/nag/sda)