Zu wenig ErtragMenschen essen lohnt sich nicht
Kannibalismus kam in der Vergangenheit immer wieder vor. Dies offenbar aus der Not heraus. Denn nahrhaft ist Menschenfleisch nicht.

Immer wieder finden Forscher an Knochen Hinweise darauf, dass Menschen einst Menschen gegessen haben. Doch üblich war Kannibalismus auch in vergangenen Zeiten nicht. Das berichtet James Cole von der University of Brighton in den «Scientific Reports».
Der Grund: Es lohne sich einfach nicht. Menschenfleisch liefere zu wenig Energie.
Magere Ausbeute
In seiner Studie hat der Archäologe den Nährwert einzelner Körperteile des Menschen errechnet, mit dem Ziel, mehr über die Gründe für Kannibalismus unter Urmenschen und jenen in der Altsteinzeit herauszufinden.
Demnach liefert die gesamte Muskelmasse eines ausgewachsenen, 65 Kilogramm schweren Menschen 32.000 Kalorien. Ein Oberarm bringt es laut Cole auf etwa 7500 Kalorien, ein Oberschenkel auf rund 13.350.
Weitere Kalorien kommen von den inneren Organen: 1600 aus den Lungen, 650 aus dem Herzen und 2500 aus der Leber. Damit kommt Cole auf insgesamt 150.000 Kalorien pro Mensch.
Zu viel Aufwand, zu wenig Ertrag
Im Vergleich zu damaligen Beutetieren ist das nicht viel, teilt die Hochschule mit. So bringe ein Reh rund 163.000, ein ausgewachsenes Mammut sogar 3,6 Millionen Kalorien.
Von Letzterem hätten sich 25 Neandertaler demnach rund 35 Tage lang ernähren können, während ein einzelner Mensch die Gruppe nicht mal einen Tag satt gemacht hätte.
Menschenjagd ausgeschlossen
Fazit: An Menschen ist, so der Forscher, einfach nicht genug dran, dass sich die Jagd lohnt. Vom Kannibalismus als Ernährungsform auszugehen, wie das bei manchen Knochenfunden geschehe, sei zu kurz gegriffen.
Deshalb ist für Cole klar: Kannibalismus diente vordergründig nicht dazu, den Hunger zu stillen. Schließlich sei es einfacher gewesen, Tiere zu erlegen, als Jagd auf einen Menschen zu machen. Dieser konnte nicht nur weglaufen, sondern auch dieselben Waffen verwenden wie der Jäger selbst.
Der Archäologe geht vielmehr davon aus, dass Notlagen zum Verzehr von Menschen geführt haben. Ebenso wahrscheinlich seien kultische Handlungen.
(L'essentiel/fee)