Plagiatsvorwürfe – Nazis werfen «Frei.Wild» Song-Klau vor

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PlagiatsvorwürfeNazis werfen «Frei.Wild» Song-Klau vor

Trotz etlicher Distanzierungs-Versuche wird die umstrittene Band Frei.Wild den braunen Dunst nicht los. Die Naziband Stahlgewitter erhebt Plagiatsvorwürfe.

Frei.Wild: Vom Rechtsrock beeinflusst, bis hin zum Plagiat?

Frei.Wild: Vom Rechtsrock beeinflusst, bis hin zum Plagiat?

Nein, mit Nationalsozialismus will die Südtiroler Deutschrock-Band Frei.Wild partout nichts zu tun haben. Konservativ - vielleicht -, heimatverbunden - durchaus - seien sie nach Eigenbekunden. Doch Neonazis? Dagegen wehrte sich die Band stets.

Nichtsdestotrotz war die vermeintliche Nähe Frei.Wilds zum braunen Sumpf Grund genug, einen Proteststurm loszutreten, als die Band jüngst für den deutschen Echo-Award nominiert wurde. Die Folge: Bandleader Philip Burgers Neonazi-Vergangenheit wurde aufgerollt (tja, er war nun mal Sänger einer Rechtsrock-Band) und die Echo-Nomination gestrichen. Die weitere Folge: Die Wiederauflage des Albums «Feinde deiner Feinde» ist zur Zeit auf Platz Eins der deutschen Albumcharts.

Urheberrecht verletzt?

Nun aber droht Ärger von rechts aussen - von den Feinden der Feinde, quasi. Frei.Wild wird Songklau vorgeworfen – ausgerechnet von einer Neonazi-Band. So behauptet ein gewisser Jens H., Sänger einer Band mit dem ziemlich eindeutigen Namen Stahlgewitter, Frei.Wild hätte «entscheidende Bestandteile» eines ihrer Lieder übernommen und damit das Urheberrecht verletzt, wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtet. Inzwischen wird der Fall vom Hamburger Landgericht behandelt.

Konkret geht es um den Stahlgewitter-Song «Auftrag Deutsches Reich» aus dem Jahr 2006. Kostprobe gefällig? Bitte sehr: «Zittert feige, ihr verdammten Verbrecher, täglich wächst die Zahl der Rächer, Heil dir, Germania.» Nun, die Band Stahlgewitter macht keinen Hehl aus ihrer Neonazi-Verbindung. Alle Alben der Band sind indiziert. Allerdings geht es bei diesem Plagiats-Streit nicht um den Text, sondern um die Musik – um Gitarrenriffs und Akkordfolgen. So soll sich der Frei.Wild-Song «Schenkt uns Dummheit, kein Niveau» beim Intro-Riff des Stahlgewitter-Songs bedient haben.

«Zufällige Doppelschöpfung»?

Bereits im Oktober 2010 wandte sich Jens H. – übrigens ein wegen Volksverhetzung vorbestrafter Rechtsextremist – per Mail an einen Musikgutachter: «Vergangenes Wochenende bekam ich die neue CD der Rockgruppe Frei.Wild. Auf dieser CD finden sich mehrere wiedererkennbare Riffs, die von uns ausgedacht und veröffentlicht worden sind.» Im Folgenden bittet er um die Expertise des Gutachters, um damit «gegen diese Kapelle vorzugehen». Das Fazit des Gutachters fällt eindeutig aus: Jener Gitarren-Riff sei «unverkennbar übernommen worden, samt Form, Begleitrhythmus, Harmonie und selbst der Platzierung innerhalb der beiden Lieder». Einen «schöpferischen Eigenwert» von Frei.Wild sei nicht zu erkennen, eine «zufällige Doppelschöpfung» hält er für unwahrscheinlich, womit das Frei.Wild-Lied eine Urheberrechtsverletzung darstelle.

Nun liegt der Fall beim Hamburger Landgericht und somit bei einem zweiten Gutachter. Dieser kommt zum Schluss, dass das Stahlgewitter-Riff im Original nicht den «Wesenskern dieser Stelle» ausmache, weshalb durch Frei.Wild keine Urheberrechtsverletzung begangen worden wäre, selbst wenn sie das Riff übernommen hätten.

Unbewusst beeinflusst?

Brisant in diesem Fall ist aber, dass der Song «Schenkt uns Dummheit, kein Niveau» von Frei.Wild-Sänger Philip Burger komponiert wurde. Jenes Bandmitglied, das mit der Gruppe Kaiserjäger eine eindeutige Rechtsrock-Vergangenheit hat. Selbst wenn sich ein Plagiat im juristischen Sinne nicht nachweisen liesse, könnte durchaus die Vermutung im Raum bleiben, Burger habe sich zumindest vom Stahlgewitter-Song beeinflussen lassen – was wiederum die Bemühungen der Band Frei-Wild, sich von der Rechtsrock-Szene zu distanzieren, untergraben würde.

Gegenüber der «Süddeutschen» erklärte ein Sprecher von Frei.Wild, «bis zur Geltendmachung der bezeichneten Ansprüche keinerlei Kenntnis» von der Existenz der Neonaziband Stahlgewitter gehabt. Auch sei «Schenkt uns Dummheit, kein Niveau» eine «vollständig eigenständige geistige Schöpfung».

(L'essentiel Online/obi)

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