«Swiss Leaks» – Nun hat auch die Schweiz ihren Steuerskandal

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«Swiss Leaks»Nun hat auch die Schweiz ihren Steuerskandal

Der Schweizer Ableger der Großbank HSBC soll seiner Klientel bei illegalen Praktiken geholfen haben. Das zeigen ausgewertete Kundendaten eines Datenlecks.

Die Daten der Schweizer Tochter HSBC Private Bank hatte die französische Polizei 2009 bei einem ehemaligen Mitarbeiter der Bank beschlagnahmt.

Die Daten der Schweizer Tochter HSBC Private Bank hatte die französische Polizei 2009 bei einem ehemaligen Mitarbeiter der Bank beschlagnahmt.

AFP

Geldwäschereiaffären, Terrorfinanzierung, Drogen- oder Waffenhandel. Der Schweizer Ableger der Großbank HSBC verwaltete bis 2006 Dutzende Millionen Dollar von kriminellen Kunden. Das zeigt ein Datenleck. Die Daten hatte der Informatiker Hervé Falciani 2007 gestohlen und dem französischen Fiskus übergeben. Die Informationen gelangten zu verschiedenen Medien, darunter die BBC, Süddeutsche Zeitung oder Le Monde. Der internationale Rechercheverband ICIJ analysierte die Daten und veröffentlichte die Resultate unter dem Stichwort «Swissleaks».

So stehen etwa mehrere HSBC-Kunden, saudiarabische Geschäftsleute, unter Verdacht, Osama Bin Laden Geld gespendet zu haben. Auch soll eine Crystal-Meth-Gang in den USA ein Konto bei der Bank gehabt haben. Ein weiterer Klient wurde wegen des Transports von 1212 Kilogramm Kokain verurteilt.

Unter den Daten sollen sich auch Anleger aus Luxemburg finden. 2,9 Milliarden Dollar sollen Kunden aus dem Großherzogtum im Jahr 2007 in der Schweiz gebunkert haben. Namen sind in diesem Zusammenhang allerdings noch keine bekannt geworden.

Aktive Hilfe bei Steuerhinterziehung

Weiter findet sich unter den Kontoinhabern die Firma Katex Mines. Diese lieferte im Bürgerkrieg von Liberia Waffen an Rebellen. Die HSBC verwaltete auch ein Millionenvermögen für Händler von Blutdiamanten und Mitglieder von Herrscherfamilien. Zu den betroffenen Persönlichkeiten gehören den Angaben zufolge unter anderem ein Cousin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sowie Verwandte des früheren ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak und des ehemaligen chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng.

Zudem zeigen Kundendossiers, dass HSBC 2007 aktiv bei Steuerhinterziehungen half. Nur 6 von 2846 französischen Kunden versteuerten das Geld – das sind 0,2 Prozent.

Mehrere Verfahren im Gang

Gegen die Bank laufen seit Herbst mehrere Verfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. «Wir stellten dabei fest, dass die Bank gegen die Geldwäschereibestimmungen verstossen hat», sagt auch Finma-Sprecher Tobias Lux der Zeitung.

HSBC Schweiz betont in einer Stellungnahme, sie habe seit 2012 eine «radikale Transformation» vollzogen. Zwei Drittel der Konten seien geschlossen worden. Alle Bargeldbezüge von über 10.000 Dollar unterlägen nun einer «strikten Kontrolle».

Die «Kultur der Compliance» und die Standards der Due Diligence bei der HSBC und anderen Schweizer Banken lagen im Jahr 2007 «deutlich tiefer» lagen als heute. Die weltweiten Steuerermittlungen haben laut den Berichten insgesamt mehr als eine Milliarde Euro an Nachzahlungen und Strafgeldern eingebracht.

Drei Typen von Bankunterlagen

«Das ‹Swiss Leaks Projekt› basiert auf einem Stock von fast 60.000 entwendeten Dokumenten, die Angaben zu über 100.000 HSBC-Kunden und deren Bankkonten enthalten», schreibt der ICIJ auf seiner Webseite. Bei den Daten handelt es sich demnach um drei verschiedenen Typen interner Bankdokumente aus drei Zeiträumen.

Der erste Dokumententyp widme sich Kunden und deren privaten Bankkonten, die größtenteils aus den Jahren 1988 bis 2007 datieren. Der zweite Teil der Daten besteht aus Momentaufnahmen der Höchstbeträge auf den Konten in den Jahren 2006 und 2007. Der dritte Typ zeige Notizen zu Kunden und Unterhaltungen zwischen diesen und Bankangestellten im Jahr 2005.

«Die Dokumente zeigen, dass auf den Konten insgesamt über 100 Milliarden Dollar lagen», heißt es weiter. Die vertraulichen Unterlagen würden auch eine Fülle anderer Angaben beinhalten, wie etwa verheimlichte Offshore-Unternehmen, die mit gewissen Konten verbunden seien.

Link:
Le Monde

(L'essentiel/woz/sda)

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