Pilgerstätte für Neonazis: Österreich will Hitlers Geburtshaus abreißen

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Pilgerstätte für NeonazisÖsterreich will Hitlers Geburtshaus abreißen

Österreich nähert sich einer Klärung, was mit Hitlers Geburtshaus künftig passieren wird. Der Minister spricht erstmals von «Abriss».

Das Haus stand viele Jahre leer.

Das Haus stand viele Jahre leer.

DPA/Christian Bruna

Das Hitler-Geburtshaus in Braunau am Inn soll abgerissen und an seiner Stelle ein neues Gebäude errichtet werden. Das sagte Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Montag der Zeitung Die Presse. «Die Kellerplatte kann bleiben, aber es wird ein neues Gebäude errichtet.»

Er folge damit einer Empfehlung einer Expertenkommission, sagte Sobotka. Das neue Gebäude solle von einer sozialen Einrichtung oder von Behörden genutzt werden. «Es wird keinen Wiedererkennungswert haben», so ein Sprecher des Ministeriums.

Das Haus war immer wieder Ziel von Neonazis aus Europa, die an dieser Stelle Erinnerungsfotos schossen. Österreich will verhindern, dass das Haus zu einer «Pilger- und Gedenkstätte» für Neonazis wird.

Experten fühlen sich falsch interpretiert

Sobotka kündigte an, er wolle nun die von der Regierung beschlossene Enteignung des Hauses vom Parlament absegnen lassen. Da sich die Besitzerin geweigert hatte, nötige Umbauten vorzunehmen, stand es seit Jahren leer. Zuletzt war immer wieder erörtert worden, ob Denkmalschutzauflagen – das gesamte Ensemble der sogenannten Salzburger Vorstadt in Braunau ist geschützt – einen Abriss verhindern könnten.

Die Expertenkommission fühlen sich jedoch fehlinterpretiert: Sie hätten zwar mehrere Vorschläge zur Entmystifizierung des Ortes gemacht, eine Schleifung des Gebäudes werde aber nicht befürwortet. Die Kommission empfahl, das Haus für administrative oder soziale Zwecke zu nutzen. Auch eine Neugestaltung der Fassade sei denkbar. Ein Abriss würde «einer Verleugnung der NS-Geschichte in Österreich gleichkommen», sagten der Historiker Oliver Rathkolb und Ex-Verwaltungsgerichtshofpräsident Clemens Jabloner am Dienstag. Sie sind Mitglieder der Expertenkommission.

Das in Privatbesitz befindliche Gebäude, in dem Hitler (1889-1945) sein erstes Lebensjahr verbrachte, soll demnächst enteignet werden. Damit hätte die Regierung freie Hand bei der Nutzung.

(L'essentiel/dpa)

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