Wohnungssuche in Luxemburg«Ohne festen Job ist keine Wohnung zu finden»
LUXEMBURG - Wer keinen festen Job hat, findet auf dem Wohnungsmarkt in Luxemburg nur schwer eine Bleibe. Tessy wohnt deshalb mit ihrem Baby auf einem Campingplatz.

Wer keinen festen Arbeitsvertrag hat, findet kaum eine Wohnung. Die Wartelisten für Sozialwohnungen sind lang.
EditpressTessy lebt mit ihrem Freund und ihrem sechs Monate alten Kind auf einem Campingplatz. Die 31-jährige Mutter sucht seit mehr als einem Jahr nach einer Wohnung in Luxemburg. Vergeblich, wie die junge Frau berichtet. «Kein einziger Immobilienmakler will uns eine Wohnung vermitteln, weil mein Freund nur einen befristeten Arbeitsvertrag hat», sagt Tessy. So muss sich die junge Familie mit 25 Quadratmetern im Wohnwagen zufrieden geben. Außerdem verfügt das Paar über knappe finanzielle Mittel.
Tessy arbeitet nicht, ihr Lebensgefährte verdient den Mindestlohn. Das Paar suchte nach einer Wohnung mit weniger als 900 Euro Miete im Monat. Dies entspricht zwar laut Statec dem Durchschnittspreis für eine 83 Quadratmeter große Wohnung. Doch Makler und Vermieter verlangen meistens die Garantie eines gesicherten Einkommens, wie Tessy erzählt: «Ohne festen Job ist es kaum möglich, eine Wohnung zu finden.»
Lange Wartelisten für Sozialwohnungen
Beim staatlichen «Observatoire de l'habitat» ist die Situation bekannt.
«Ein befristeter Arbeitsvertrag bleibt für viele junge Leute ein Hindernis auf der Suche nach einer Wohnung. Mit Vernunft verstehe ich, dass Immobilienmakler eine Auswahl treffen, aber ich stimme zu, dass es eine Diskrimination ist», sagt Julien Licheron, Leiter der Behörde, die Preise und Tendenzen auf dem Luxemburger Wohnungsmarkt beobachtet. «Das Thema müsste in den Vordergrund gestellt werden, denn die Mehrheit der Studien setzt sich mit finanziellen Problemen und nicht mit Vertragsschwierigkeiten auseinander», so Licheron weiter. Die Wohnungssuche wird vor allem bei Jugendlichen oft zum Problem, wenn sie keine Arbeit finden oder wegen Mangels an anderen Alternativen gezwungen sind, ein befristetes Arbeitsverhältnis einzugehen.
Abhilfe schaffen können in diesem Fall die vom Staat subventionierten Wohnungen für Sozialschwache. Anspruch darauf haben dabei nicht nur Mindestlohnempfänger (siehe Infokasten). Doch die Wartezeiten sind lang. So befinden sich auf der Warteliste des Fonds du Logement derzeit 1‘600 Personen; beim sozialen Maklerbüro sind es 600, weiß Tessy.
Abhilfe auf Facebook
Initiativen vor allem auf den sozialen Netzwerken wollen Wohnungsuchenden helfen. So sind auf Facebook gleich zwei Gruppen entstanden, die nach demselben Prinzip funktionieren wie die Entrümpelseite «Free your Stuff»: Jeder kann auf der Seite der Gruppe eine kostenlose Wohnungsanzeige posten – ohne einen Immobilienmakler einzuschalten. Auf Facebook gibt es zurzeit zwei große Gruppen, die sich zum Ziel gesetzt haben, bei der Wohnungssuche zu helfen: «All Immobilien vun Privat zu Privat» und «OUNI AGENCEN !! All Immobilien vun Privat zu Privat».
«Viele Leute in Luxemburg können sich nicht leisten, Maklergebühren zu bezahlen. Hierzulande gibt es außerdem nicht so viele Alternativen, wie man eine Wohnung finden kann, außer der Anzeigen in den Zeitungen.», sagt Thierry. Der 28-Jährige hat die Gruppe «OUNI AGENCEN!! All Immobilien vun Privat zu Privat» vor zwei Wochen auf Facebook gegründet. Die Gruppe erfreut sich einer großen Beliebtheit und zählt bereits 400 Mitglieder.
Inzwischen haben Tessy und ihr Lebenspartner über diese Facebook-Gruppe eine Wohnung gefunden. Kaum zwei Wochen hat die Suche gedauert. Mit traditionellen Mitteln hat Tessy wesentlich länger nach einem neuen Zuhause gesucht.
(Laurence Bervard/L'essentiel Online)
Wer hat Anrecht auf eine Sozialwohnung?
1703 Wohnungen stellt der Fonds du Logement zur Verfügung. Sie sind gedacht für Menschen, deren Miete 30 Prozent ihres monatlich verfügbaren Einkommens übersteigt. Auch familäre und andere Umstände können dazu führen, dass jemand ein Anrecht auf eine solche Wohnung hat. Die Miete für diese Sozialwohnungen wird aufgrund des Haushaltseinkommens individuell berechnet.