Tod von Liam Payne: Wie gefährlich ist Ruhm für junge Künstler?

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Psychologe ordnet einTod von Liam Payne – Wie gefährlich ist Ruhm für junge Künstler?

Mit 16 Jahren wurde er Mitglied der erfolgreichen Boyband One Direction. Doch der schnelle Ruhm trieb Liam Payne in die Sucht. Wie man Künstler vor den Schattenseiten des frühen Erfolgs schützen kann, erklärt ein Psychologe.

Philipp Stirnemann
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Philipp Stirnemann
Liam Payne ist tot.
Der ehemalige One-Direction-Sänger starb bei einem Sturz aus dem dritten Stock eines Hotelbalkons
Das Unglück geschah im Casa Sur Hotel in Buenos Aires.
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Liam Payne ist tot.

IMAGO/MediaPunch

Wie gefährlich sind Ruhm und Erfolg für Stars unter 18 Jahren?

Gefährdet sind sensible Personen in sensiblen Perioden im Leben. Und natürlich ist die Zeit der Jugend, mit der Suche nach Identität und den körperlichen Veränderungen, eine besonders vulnerable. Es gibt Menschen, die relativ früh in ihrer Person gefestigt sind. Und andere erreichen das in ihrem ganzen Leben nicht. Darum wäre ich vorsichtig, das an einem bestimmten Alter festzumachen.

Liam Payne im Alter von 14 Jahren bei seiner ersten Teilnahme an der Castingshow «X-Factor» im Jahr 2008. Da er damals zu jung war, kam er nicht weiter. Mit 16 Jahren kehrte er ein zweites Mal zur Show zurück und wurde neben Harry Styles, Louis Tomlinson, Niall Horan und Zayn Malik ein Mitglied von One Direction.

Liam Payne im Alter von 14 Jahren bei seiner ersten Teilnahme an der Castingshow «X-Factor» im Jahr 2008. Da er damals zu jung war, kam er nicht weiter. Mit 16 Jahren kehrte er ein zweites Mal zur Show zurück und wurde neben Harry Styles, Louis Tomlinson, Niall Horan und Zayn Malik ein Mitglied von One Direction.

IMAGO/FAMOUS

Welche Rolle spielt der Erfolgsdruck?

Eine große. Ein Star, der keinen Erfolg hat, ist kein Star. Zum Erfolg gehört immer auch das öffentliche Interesse. Das unterscheidet Pop-Stars beispielsweise von Sport-Stars, die sich an ihrer Leistung messen lassen können. Wenn ein Fußballtalent drei Tore schießt, dann hat es die! Man kann es aus dem Fan-Rummel heraushalten. Sein Marktwert steigt nicht dadurch, dass es noch bekannter wird.

«Man kann nicht verlangen, dass bei jedem Star eine psychologische Diagnostik durchgeführt wird»

Wie könnte man junge Artists besser schützen?

Im Sport werden langfristige Karrieren aufgebaut. Ich weiß nicht, ob so etwas im Interesse der Pop-Industrie ist. Das Credo ist dort: Lieber schnell und viel Geld scheffeln, und dann kommt der nächste. Ein langsames Aufbauen eines Musik-Künstlers würde dazu beitragen, dass er sich besser an den steigenden Ruhm und den damit verbundenen Druck gewöhnt.

Wer könnte Stars schützen?

Das Umfeld. Schutz ist schwierig, denn man kann auch nicht verlangen, dass bei jedem Star eine psychologische Diagnostik durchgeführt wird. Es sind die Nebenwirkungen des Ruhms, die manche besser vertragen als andere.

Also müsste man eher einem gewissen Typus Mensch verbieten, auf der Bühne zu stehen?

So könnte man es sagen. Aber ich befürchte, dass es genau der psychisch gefährdete Typus Mensch ist, den es ins Rampenlicht zieht. Wir als Fans wollen lieber einen mit Leidenschaft und Emotion agierenden Star sehen als einen Roboter, der keine Emotionen zeigt.

Liam Payne bei einem Auftritt 2019 in Berlin.

Liam Payne bei einem Auftritt 2019 in Berlin.

Jens Kalaene/dpa

Warum sind Musiker gefährdeter als Schauspieler?

Ich glaube, es sind prozentual nicht viel weniger. Es gibt einfach insgesamt weniger Schauspieler, die unter die Kategorie «Megastar» fallen. Macaulay Culkin («Kevin – allein zu Haus») hat ja seine Kindheitserfolge auch nicht einfach so weggesteckt.

Aber der hat sich ja mittlerweile wieder gefangen ...

Ja, aber da hat er Glück gehabt. Das hätte auch anders enden können. Allerdings haben Schauspielende auch nicht dasselbe mediale Rampenlicht. Ein Film ist etwas Distanzierteres als ein Konzert.

«Stirbt ein Star, wird schon ein neuer kommen, der die Lücke füllt»

Sind Musiker also doch gefährdeter?

In dem Sinne, als dass Popstars Fan-Feedback viel direkter mitbekommen als Schauspieler. Letztere bekommen nicht mit, ob sie im Kino angeschmachtet werden oder nicht.

Kann man nicht erkennen, wenn es einem Star psychisch nicht gut geht, und tragen Fans eine Mitverantwortung an seinem Absturz?

Warnzeichen sind jegliche Form von Suchtverhalten und diejenigen, die beispielsweise bei Depressionen auftreten. Die Problematik ist zu komplex, als dass man die Fans in die Verantwortung nehmen könnte. Verantwortlich sind eigentlich diejenigen, die kommerzielle Interessen an einem Star haben. Und ob die tatsächlich daran interessiert sind, einen solchen Menschen zu schützen, kann ich nicht beurteilen. Etwas ketzerisch gesagt: Stirbt ein Star, wird schon ein neuer kommen, der die Lücke füllt.

Sind Stars vielleicht zu ersetzbar?

Wir sehen, dass immer ein neuer Star kommt, wenn ein anderer weg ist. Damit muss man als Star klarkommen. Bis jetzt ist jeder ersetzt worden. Wir haben nie in einer Star-losen Zeit gelebt.

Wann ist ein Mensch zu jung, um Massen zu unterhalten?

Schwierige Frage. Man kann Jugendlichen ja nicht verbieten, Schülerbands zu gründen. Ich wüsste nicht, wo man die Grenze ziehen soll. Es gibt auch in der klassischen Musik sehr junge Artists, die gefördert werden. Dort hat man aber das Gefühl, dass es nachhaltiger passiert.

Liam Payne vor einem Hotel, vor dem mehrere Fans auf den Sänger warten.

Liam Payne vor einem Hotel, vor dem mehrere Fans auf den Sänger warten.

imago/Independent Photo Agency

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