Konflikt in Äthiopien – Regierung erklärt Offensive für beendet

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Konflikt in ÄthiopienRegierung erklärt Offensive für beendet

In Äthiopien haben Regierungstruppen die Hauptstadt der abtrünnigen Provinz Tigray eingenommen. Nun könnte ein Guerilla-Krieg entstehen.

Die Zentralregierung in Addis Abeba hat die Offensive für beendet erklärt.

Die Zentralregierung in Addis Abeba hat die Offensive für beendet erklärt.

REUTERS

In Äthiopien hat die Regierung am Sonntag nach der Einnahme der Hauptstadt der Region Tigray mit der Suche nach der dortigen Führung begonnen. Ministerpräsident Abiy Achmed sagte am späten Samstagabend, Regierungssoldaten hätten Mekelle nur wenige Stunden nach Beginn der Offensive dort unter ihre Kontrolle gebracht. Der Militäreinsatz sei abgeschlossen.

Der Regionalpräsident von Tigray, Debretsion Gebremichael, erklärte in einer Textnachricht an Reuters, die Streitkräfte seiner Volksbefreiungsfront TGLF hätten sich aus der Umgebung von Mekelle zurückgezogen, würden den Kampf aber fortsetzen. Das könnte bedeuten, dass der bewaffnete Konflikt weitergeht.

Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist kaum möglich, da die Telefon- und Internetverbindungen in Tigray unterbrochen sind. Zudem wird der Zugang in die im Norden gelegene Region streng überwacht.

Rebellen sind erfahrene Guerilla-Kämpfer

Ministerpräsident Abiy, der die drei Wochen dauernden Kämpfe als eine Frage von Recht und Ordnung im Inneren des Landes erachtet, sagte, Bundespolizisten würden nun versuchen, «TPLF-Kriminelle» gefangen zu nehmen und vor Gericht zu stellen. Abiy wirft der TPLF vor, einen bewaffneten Aufstand angezettelt zu haben. Auslöser der Kämpfe ist nach seiner Darstellung ein Angriff von TPLF-Kräften auf in Tigray stationierte Regierungstruppen. Die TPLF dagegen spricht von einem Präventivschlag und hält Abiy vor, er verfolge sie und vertreibe ihre Politiker von Regierungs- und Sicherheitsposten.

Am 4. November hatten Truppen der Zentralregierung mit ihrer Offensive gegen Tigray begonnen. Am Donnerstag hatte Abiy deren «finale Phase» angekündigt. «Ihre Brutalität kann nur zu unserer Entschlossenheit beitragen, diese Invasoren bis zuletzt zu bekämpfen», erklärte TPFL-Chef Debretsion gegenüber Reuters in einer SMS. Auf die Frage, ob seine Streitkräfte weiter kämpfen, antwortete der Regionalpräsident: «Sicher. Hier geht es darum, unser Recht auf Selbstbestimmung zu verteidigen.» Die TPFL hat Erfahrung im Guerilla-Kampf. Die Gebirge in Tigray halfen ihr in ihrem langen Widerstand gegen den marxistischen Diktator Mengistu Haile Mariam, den sie 1991 stürzte.

Tausende Tote

Seit Beginn der Kämpfe wurden Tausende Menschen getötet, fast 44.000 flohen ins Nachbarland Sudan. Auch nach Eritrea flüchteten zahlreiche Menschen, zudem griff die TPFL dort Ziele an. Der Konflikt innerhalb Äthiopiens, das aus zehn ethnischen Regionen besteht, drohte das gesamte Gebiet am Horn von Afrika zu destabilisieren.

Äthiopien wurde jahrzehntelang von Tigray dominiert, das nur sechs Prozent der rund 115 Millionen Einwohner des Landes stellt. Vor zwei Jahren aber wurde Abiy Ministerpräsident, er gehört der Bevölkerungsmehrheit der Oromo an und hat auch familiäre Wurzeln in Amhara. Die beiden Nachbarregionen Tigray und Amhara streiten seit geraumer Zeit über den Verlauf ihrer Grenze.

(L'essentiel/REUTERS)

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