TerrorangstReichstagskuppel wird gesperrt
Die Kuppel und die Dachterrasse des Reichstagsgebäudes in Berlin sind bis aus Weiteres für Besucher geschlossen. Noch mehr Sicherheitskräfte patroullieren vor dem Gebäude.

Das Wachpersonal vor dem Reichstag wurde verstärkt, bei Großveranstaltungen tragen die Wachmänner Schutzwesten und Maschinenpistolen.
dpaAngesichts der Terrorwarnungen verstärkt die Polizei den Schutz des Reichstagsgebäudes: Rund 60 zusätzliche Bundespolizisten unterstützen seit Montagmorgen die Berliner Landespolizei, wie Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sagte. Zudem wurden die Kuppel und die Dachterrasse bis auf weiteres für Besucher gesperrt. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte, die Polizei sei für einen Terroralarm zu wenig trainiert. Die SPD forderte eine bessere Ausstattung der Bundespolizei und signalisierte zudem Kompromissbereitschaft im Streit über die Vorratsdatenspeicherung.
Die Sicherheitsbehörden gehen seit Tagen von einer erhöhten Terrorgefahr für Deutschland aus, insbesondere für die Hauptstadt. Körting nannte es «plausibel», dass eine Gruppe von Terroristen unterwegs sei und es konkrete Objekte als Anschlagsziele gibt. Es gebe zwar Hinweise auf Anschlagsplanungen, er könne aber nicht bestätigen, dass diese realistisch seien. «Das, was uns vorliegt, gibt uns Anlass zur Sorge, aber keinen Anlass zur Hysterie», sagte Körting.
Tourismusexperten sollen sich zurückhalten
Laut «Spiegel» planen islamistische Terroristen angeblich eine Geiselnahme und ein Blutbad im Reichstag. Das Bundeskriminalamt nannte den Bericht am Wochenende «hochspekulativ» und grenzwertig.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Sonntagabend, es sei immer «Einschätzungssache», wie man verschiedene Geheimdienstinformationen bewerte. «Wir halten jedenfalls vieles davon für glaubwürdig. Sicher können wir nicht sein», sagte er. Er habe in seiner Warnung vergangene Woche bewusst auf den Zeitpunkt Ende November hingewiesen, «der uns als besonders interessant erscheint». Zudem mahnte er die Medien und «alle Terrorismusexperten dieses Landes», sich etwas zurückzuhalten.
«Große Schutzlücke»
Zur Forderung nach Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung sagte de Maizière, er habe sich bereits vor der Terrorwarnung für eine Neuregelung eingesetzt. Nötig sei ein Gesetz in Übereinstimmung mit den Regeln des Bundesverfassungsgerichts. Es gebe eine «große Schutzlücke». «Dieses Argument ist richtig, es bleibt richtig und wird richtig sein», sagte de Maizière. Er wolle die derzeitige Situation aber nicht für diese Position instrumentalisieren, versicherte er.
Der Innenexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, schloss sich der Forderung nach Einführung der Vorratsdatenspeicherung an. Sie sei «unerlässlich» und verfassungsrechtlich zulässig, sagte er der «Mitteldeutschen Zeitung».
Schutzwesten und Maschinenpistolen für Security
Der Berliner Polizeipräsident Dieter Glietsch hatte am Mittwoch eine besondere Anordnung zum Schutz bestimmter öffentlicher Einrichtungen erlassen. Ordnungskräfte, die Einrichtungen regulär bewachen, müssen seither schusssichere Westen und Maschinenpistolen tragen.
Der designierte Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, fordert eine bessere Vorbereitung von Polizisten. «Im Vergleich zu Ausnahmesituationen wie Amokläufen an Schulen haben die Sicherheitsbehörden den Einsatz bei Terroralarm bisher wenig trainiert», sagte Witthaut dem «Hamburger Abendblatt». «Hier haben wir Defizite», sagte er. Gleichzeitig warnte Witthaut vor Panikmache.
Deutschland seit 2009 im Visier
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), rief ebenfalls zur Besonnenheit auf. «Wir brauchen das richtige Mass an Aufmerksamkeit und Gelassenheit und sollten unsere Lebensgewohnheiten nicht ändern,» sagte Bosbach der «Bild»-Zeitung. Allerdings hätten Terroristen Deutschland seit 2009 verstärkt im Visier.
Derzeit gibt es Bosbach zufolge in Deutschland etwa 100 gefährliche Personen. Rund 20 von ihnen hätten Kampferfahrung, zum Beispiel in Afghanistan. Darunter seien Deutsche, Eingebürgerte, Ausländer und Konvertiten, die zum Islam übergetreten sind.
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