Wahlen in GeorgienSaakaschwili räumt Niederlage ein
Nach der umkämpften Parlamentswahl in der Südkaukasusrepublik Georgien hat Präsident Michail Saakaschwili überraschend schnell die Niederlage seiner Partei eingeräumt.
«Die Demokratie hat gewonnen», sagte der Staatschef bei einer Fernsehansprache am Dienstag. Seine Vereinte Nationale Bewegung gehe in die Opposition. Nach Auszählung eines Viertels der Stimmen lag die Oppositionsbewegung des Milliardärs Bidsina Iwanischwili in der Ex-Sowjetrepublik am Schwarzen Meer nach offiziellen Angaben in Führung. Die erst im April gegründete Bewegung Georgischer Traum lag demnach bei 53,0 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommission am Dienstag in Tiflis mitteilte. Das gegnerische Lager von Präsident Michail Saakaschwili kam auf 41,7 Prozent der Stimmen. Bisher amtierte der Staatschef mit einer Zweidrittelmehrheit und regierungstreuen Parteien im Parlament.
Die Saakaschwili-Gegner erhielten aus Sicht von Kommentatoren vor allem durch einen Folterskandal Auftrieb. Mitte September veröffentlichte Videos zeigten, wie Wärter Gefangene vergewaltigen und misshandeln.
Sitzverteilung steht noch nicht genau fest
Die Opposition rechnet mit mindestens 93 der 150 Sitze im Parlament. Der bisherigen Regierungspartei Vereinte Nationale Bewegung gestand sie 46 Sitze zu, wie es in der Mitteilung hieß. Die Verteilung von elf Mandaten war demnach noch unklar.
Der 56 Jahre alte Iwanischwili, der neuer Premierminister und damit der mächtigste Mann im Staat werden will, rief Saakaschwilis Lager zur Zusammenarbeit auf. «Es gab Gewalt, es gab Lügen. Heute müssen wir uns zusammenschließen und ein neues einiges Georgien aufbauen», sagte der reichste Mann des Landes mit einem strahlenden Lächeln. Iwanischwili strebt wie sein Gegner eine Mitgliedschaft des verarmten Landes in der EU und Nato an.
Zwischenfälle in Wahlbüros
Wahlbeobachter berichteten von zahlreichen Zwischenfällen bei der Auszählung. In Chaschuri im zentralen Teil des Landes hätten maskierte Spezialeinheiten Wahllokale gestürmt, Beobachter vertrieben und Wahlprotokolle zugunsten der Regierung gefälscht, berichtete der Oppositionskanal TV9. Die Wahlzentrale teilte mit, dass dort die Ergebnisse annulliert würden. Zudem hieß es, dass die Internetseite der Wahlkommission in der Nacht von Hackern attackiert worden sei. Diese funktionierte am Morgen wieder normal.
Mit Spannung wurde in Tiflis das Urteil der Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erwartet. Sie entscheiden, ob die Abstimmung demokratisch war oder nicht.
Insgesamt waren am Vortag 3,6 Millionen Wähler aufgerufen, das Parlament zu wählen. Die Wahlbeteiligung lag bei mehr als 60 Prozent. Das alte Parlamentsgebäude in Tiflis ist nach Angaben des Machtlagers verkauft worden. Das neue Parlament liegt in der zweitgrößten Stadt Kutaissi etwa 220 Kilometer westlich von Tiflis.
(L'essentiel Online/dpa)