Sprachassistenten im Auto – Siri, die lebensgefährliche Beifahrerin

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Sprachassistenten im AutoSiri, die lebensgefährliche Beifahrerin

Zwei neue Studien belegen, dass spachgesteuerte Systeme im Auto fatal sein können. Besonders schlecht schneidet Apples Sprachassistentin Siri ab.

Freisprechanlagen und sprachgesteuerte Systeme in Autos können Fahrer ernsthaft ablenken. Zu diesem Ergebnis kommen zwei von der Foundation for Traffic Safety des amerikanischen Automobilclubs AAA finanzierte Studien der Universität von Utah. Eine zeigt, dass die Infotainment-Lösungen vieler Autobauer sogar stärker ablenken als das Telefonieren ohne Freisprecheinrichtungen.

Die zweite Studie hat untersucht, wie stark sich acht verschiedene Sprachsteuerungs-Möglichkeiten auf Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen der Fahrer auswirken. Apples Siri zeigt dabei am deutlichsten, wie heikel die Ablenkung während dem Fahren werden kann.

Bereits 2013 haben AAA und die Universität von Utah ein Bewertungssystem eingeführt, das die Ablenkung im Auto auf einer Skala von 1 (nicht abgelenkt) bis 5 (hochgradige Ablenkung durch komplexe Denkaufgaben) einordnet. In den aktuellen Studien mit 162 Freiwilligen ging es nun darum, wie sich Spracheingabe auf das Fahrverhalten auswirkt. Das Ergebnis war ernüchternd: «Nur, weil das Auto darauf ausgelegt ist, soziale Medien, SMS und Telefonate zu unterstützen, ist das nicht sicher», betont Studienleiter und Psychologieprofessor David Strayer. Viele Hersteller würden nämlich Systeme anbieten, die den Lenker zu sehr vereinnahmten.

Schlimmer als Telefonieren

Das als gefährlich geltende Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung hat einen Ablenkungswert von 2,45. Erstaunlich: Vier von sechs getesteten Infotainment-Systemen lenken den Fahrer noch stärker ab: Es sind die Systeme von Chevrolet (MyLink; ein Wert von 3,7), Mercedes (Command; 3,1), Ford (Sync mit MyFord Touch; 3,0) und Chrysler (Uconnect; 2,7). «Diese Erkenntnisse decken sich auch mit unseren Befunden», sagt Manfred Tscheligi, Leiter des Christian Doppler Labor Contextual Interfaces an der Universität Salzburg, gegenüber der Nachrichtenagentur Pressetext.

Immerhin hätten asiatische Hersteller in der Studie gezeigt, dass Infotainment auch sicherer geht: Blue Link Telematics von Hyundai ist mit einem Ablenkungswert von 2,2 schon weniger riskant als das Telefonieren mit Freisprecheinrichtung (2,27). Der klare Testsieger ist aber Toyotas System Entune. Mit einem Wert von 1,7 lenkt es laut AAA und Universität von Utah sogar weniger ab als ein Hörbuch.

Siri muss erst Mitfahren lernen

Selbst das schlechteste Infotainment-System kam aber noch gut weg im Vergleich zu Apples Sprachassistentin Siri. Im Rahmen der zweiten Studie liess das Team um David Strayer die Probanden Siri für Navigation, SMS-Empfang sowie Facebook- und Twitter-Postings nutzen, ohne das iPhone selbst in die Hand nehmen oder ansehen zu müssen. Dennoch kam Siri letztlich auf einen katastrophalen Ablenkungswert von 4,14. Allerdings betont Strayer, dass Siri laut Apple laufend dazulerne und im Laufe der Zeit präziser werde. Dadurch sollte die Ablenkung für Nutzer langfristig sinken.

Die zweite Studie hat gezeigt, dass Sprachsteuerung im Auto generell problematisch ist. Selbst einfachste Befehle wie das Einschalten der Heizung kommen auf einen Ablenkungswert von 1,88. Eine Navigation per Sprachsteuerung scheint Nutzer generell stärker abzulenken als das Telefonieren, selbst bei einwandfrei funktionierendem System. Wenig überraschend erscheint indes, dass das sprachgesteuerte Schreiben von E-Mails stärker ablenkt als sich lediglich eine Nachricht vorlesen zu lassen.

(L'essentiel/pst)

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