Fels stürzt auf Boote«So viele Verletzte, einige mit offenen Brüchen»
In einem See nahe der Stadt Capitólio in Brasilien stürzte ein riesiger Felsbrocken ins Wasser. Passagiere aus anderen Booten schildern, wie sie den horrenden Augenblick erlebten.

Zuerst fielen einige Steine in den Furnas-Stausee im brasilianischen Capitólio, Sekunden später eine über 1000 Tonnen schwere Felswand. Mehrere Videos zeigen den Augenblick, in dem sich der gigantische Felsbrocken löst und auf zwei kreuzende Ausflugsboote kippt. Beim Unglück kamen acht Menschen ums Leben – sie alle saßen im selben Boot mit dem Namen «Jesus». Mindestens 15 Personen wurden verletzt in Krankenhäuser eingeliefert – darunter drei schwer verletzte.
Flavia de Sa aus Belo Horizonte befand sich gegen 12.30 Uhr mit ihrer Schwester in einem Boot in der Nähe, als der Felsbrocken ins Wasser krachte. «Wir hatten solches Glück», sagt die Physiotherapeutin dem Radiosender CBN. 30 Sekunden vor dem Absturz hatte ihr Boot die Unfallstelle passiert. «Wir standen noch genau vor dem Felsen», sagt sie. Dann geschah alles so rasch. Die Augenzeugin bedauert: «Keiner der Passagiere trug eine Schwimmweste. Weil es halt nicht obligatorisch ist, zieht sie niemand über. Nur die Kinder in den anderen Booten hatten Schwimmwesten an.»
Nachdem die Tragödie geschehen war, reagierten die Menschen aus den anderen Booten sehr hilfsbereit. Viele näherten sich der Unglücksszene, die Flavia de Sa «wie ein Kriegsgebiet» beschreibt, um Verunfallte aus dem Wasser zu ziehen. «Es war sehr traurig. So viele Verletzte, einige mit offenen Brüchen», sagt die Frau.
Nicht alle waren sich der Gefahr bewusst
«Ich schaute auf den Felsen, da fielen schon einige kleine Steine», erzählt Augenzeugin Andréia Mendonça aus Patos de Minas dem Portal «O Globo». Sie habe sogar den Bootsführer darauf angesprochen. Dieser meinte, es seien «nur ein paar Kieselsteine». Als Mendonça wieder den Blick zum Felsen richtete, fiel er bereits hinunter. «Es war eine schreckliche Szene».
Rovilson Teixeira arbeitet seit sechs Jahren mit Schnellbooten auf dem Lago de Furnas. Am Sonntag besuchte er seinen Neffen, der eines der Boote steuerte, als sich der Felsbrocken löste. «Der Stein fiel auf die Seite von Romildos Schnellboot, das wegen der Welle, die sich bildete, kenterte. Als der Block fiel, warf er viele Menschen um», erzählt Rovilson dem Portal «O Tempo». Der 32-jährige Romildo Teixeira kam mit zwei Schnittwunden am Kopf ins Krankenhaus.
Videos, in denen Passagiere anderer Boote zu hören sind, wie sie die Verunglückten zu warnen versuchen, gehen viral. «Dieser Block löst sich! Leute, raus da!», schreit eine Frau. «Es fallen viele Steine ... um Gottes willen, lauft, los!», ist eine andere Stimme zu hören. Auch die Aufnahme von Flávio Freitas im März 2012 wird derzeit rege kommentiert. Der Arzt hatte zu einem Foto geschrieben, das einen langen senkrechten Riss in der Felswand über dem Wasser zeigte.
Auf die Frage, ob die Boote überhaupt eine Bewilligung hatten, um auf dem Stausee zu fahren, wollte der Kommandant der Feuerwehr von Minas Gerais, Edgard Estevo, nicht eingehen: «Diese Frage muss die brasilianische Marine beantworten. Sie sind diejenigen, die über die Zulassung der Schiffe entscheiden», sagt er. Die Information liege ihm zurzeit nicht vor.
Die brasilianische Marine, die sich an der Rettungsaktion beteiligte, kündigte eine Untersuchung an, um die Unglücksursache zu ermitteln. Der Gouverneur von Minas Gerais äußerte sich via Twitter zu einer möglichen Ursache für die Tragödie: «Wir erleben in unserem Bundesstaat heute den Schmerz einer Tragödie, ausgelöst von den schweren Regenfällen, durch die sich eine Felswand am Furnas-See in Capitólio löste», schrieb Romeu Zema. In dem Bundesstaat hatte es zuletzt wie im nordöstlich angrenzenden Bahia teilweise heftig geregnet.
Mittlerweile wurden Taucher zu dem rund 400 Kilometer nördlich der Millionen-Metropole São Paulo gelegenen See geschickt, dessen Canyons ein beliebtes Ausflugsziel in der Region sind. Der großflächige Furnas-Stausee im Rio Grande ist auch als «Meer von Minas» bekannt.
(L'essentiel/Karin Leuthold)