Lügengerüst fällt zusammen – Sohn tötet und zerstückelt seine Eltern

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Lügengerüst fällt zusammenSohn tötet und zerstückelt seine Eltern

Chandler Halderson hatte seinen Eltern erzählt, dass er studiere und einen tollen Job bei SpaceX bekommen habe. Als sein Vater misstrauisch wurde, griff sein Sohn zum Gewehr.

Chandler Halderson steht in Madison, einer Stadt knapp 300 Kilometer nordwestlich von Chicago, vor Gericht: Der 23-Jährige soll seine Eltern getötet, deren Leichen zerstückelt und dann die Überreste im ganzen Staat Wisconsin verstreut haben. Das Motiv: Der Vater war wohl hinter Chandlers «unglaubliches Lügennetz» gekommen, wie die Staatsanwaltschaft am ersten Prozesstag sagte.

Chandlers Schwindel-Spirale begann mit der Pandemie. Aus finanziellen Gründen zog er zurück zu den Eltern, gab an, im Homeoffice für eine Versicherungsgesellschaft zu arbeiten, während er sein Uni-Studium an der Milwaukee Area Technical College (kurz MATC) beendete. Im letzten Juni überraschte er Vater Bart Halderson und Mutter Krista mit einer tollen Nachricht: Er habe einen Job bei Elon Musks Unternehmen SpaceX bekommen. Bald müsse er nach Florida ziehen. Dabei schmiedete er Pläne, mit seiner Freundin dorthin zu ziehen. Die Wohnung habe er schon gemietet, versicherte er.

Kein Job, kein Studium

Doch alles, was Chandler Halderson seinen Eltern erzählte, war erfunden - absolut alles. Statt zu arbeiten und zu lernen, spielte er den ganzen Tag Videogames in seinem Zimmer. Immer wenn sein Vater ihn fragte, wie es ihm beim Studium der erneuerbaren Energien ging, sprach der Sohn über seine vielversprechende Zukunft. Dabei war er in Wahrheit nach einem Semester durchgefallen.

Der Sohn fälschte Dutzende von E-Mails mit der Hochschulverwaltung und gab sich bei einem Telefonat mit seinem Vater sogar als Uni-Berater aus. Dabei benutzte er ein Wegwerfhandy. Bei seinem erfundenen Job handelte Chandler ähnlich: Er stand manchmal morgens früh auf, um es aussehen zu lassen, als führe er wichtige Sitzungen mit seinem Team.

Als sein Vater, ein Buchhalter, der ebenfalls seit der Pandemie im Homeoffice arbeitete, ihn fragte, warum er von seinem Arbeitgeber, bei dem er angeblich seit fast einem Jahr angestellt war, keinen Lohn bekam, erfand Chandler Ausreden. Mal tauchten Fehler in seinen Überweisungsdaten auf, mal hatte HR vergessen, den Salär auszuzahlen. Der 23-Jährige erstellte sogar eine ganze Reihe von E-Mails mit der Personalabteilung, um diese seinem Vater vorzulegen.

Mit einer noch größeren Lüge aus dem Lügennetz entkommen

Bart Halderson forderte seinen Sohn auf, einen Anteil der Miete zu bezahlen. Für den Sohn wurde der Druck immer größer. Mit dem Rücken zur Wand, bewahrte er sein aufgebautes Lügengespinst mit einer noch krasseren Lüge. Oder wie es Staatsanwalt William Brown beschrieb: «Der beste Weg aus einem Scheinjob ist ein noch besserer Scheinjob.» Und so wurde Chandler «Astronaut» bei SpaceX.

Sein größtes Problem: Ohne Uni-Abschluss, ohne Referenzen und ohne Geld würde sein Start in Florida schwierig werden. Eine neue Lüge musste her. Also «verletzte» er sich Tage später, indem er eine Treppe hinunterfiel und eine schwere Gehirnerschütterung erlitt. Dabei will er Wirbelsäulen- und Nervenschäden davongetragen haben, die ihn in eine Halskrause zwangen und ihn reiseunfähig machten.

Vater Bart wurde misstrauisch

Für Vater Bart war das wohl eine Lüge zu viel – er tätigte ein paar Anrufe. An der MATC kannte man seinen Sohn nicht, die Personen, die die angeblichen E-Mails verschickt hatten, existieren nicht. Am 1. Juli hätten Vater und Sohn ein persönliches Gespräch beim Rektorat haben sollen. Auch dieser Termin soll laut Staatsanwaltschaft von Chandler erfunden worden sein. An jenem Nachmittag schrieb der Vater an seinen Sohn: «Ich bin bereit, wann immer du es bist».

Am Abend soll der Sohn seinen Vater mit einem Gewehr erschossen haben. Als seine Mutter kurz darauf nach Hause kam, tötete er auch sie. Anschließend zerstückelt er die Leichen mit Äxten, Sägen und Messern und versuchte, die abgetrennten Köpfe im Kamin des Elternhauses zu verbrennen. Weitere Leichenstücke verstreute der Sohn später auf öffentlichem Land, auf Bauernhöfen, entlang von Flüssen, in Gräben und in Mülltonnen.

Köpfe der Eltern im häuslichen Kamin verbrannt

Danach ging er nach Hause und notierte auf der Notizen-App seines Handys, was er zu erledigen hatte: «Wasserstoffperoxid und Zitrone» kaufen, «Boden putzen» und «Job suchen». Seinem Bruder Mitchell und seiner Freundin erzählte er, dass die Eltern mit Freunden zu ihrer Hütte am White Lake gefahren seien, um dort das Feiertagswochenende des 4. Juli zu verbringen. Als Mitchell Halderson seinen Vater tagelang telefonisch nicht erreichte, fuhr er zu der Hütte – doch die Eltern waren nie dort gewesen.

Am 7. Juli meldete Chandler seine Eltern schließlich als vermisst. Einen Tag später fand die Polizei die sterblichen Überreste von Bart Halderson in Dane County, Leichenteile seiner Mutter Krista fand man am Wisconsin River in Sauk County. Die Polizei nahm noch am gleichen Tag Chandler Halderson fest. Vor Gericht plädiert der Sohn auf «nicht schuldig».

(L'essentiel/Karin Leuthold)

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