Seelische Krise«Soziale Isolation erhöht das Risiko für Selbstmord»
LUXEMBURG - Die in der Hauptstadt ansässige Psychologin Tetyana Ichkur erklärt, welche Auswirkungen die Maßnahmen gegen die Corona-Krise auf Menschen haben können.

Die Maßnahmen gegen die medizinische Krise können eine seelische Krise auslösen.
EditpressL'essentiel: Frau Ichkur, aufgrund der Corona-Krise sollen Menschen zuhause bleiben. Was sind die psychologischen Folgen sozialer Isolation?
Tetyana Ochkur: Soziale Isolation hat eine Vielzahl psychischer Folgen. Die Symptome reichen von emotionalem Stress bis hin zu Depressionen oder Herz-Kreislauf-Problemen. Das kann bis zu einer Psychose gehen. Vergessen wir nicht, dass die Einzelhaft als Foltermethode eingesetzt wird - mit messbaren langfristigen Folgen, wenn die Zeit der Isolation länger als einige Wochen dauert.
Was bedeutet das jetzt für Luxemburg?
Wir Psychologen erwartet, dass viele Menschen mit Depressionen, Verzweiflung, mindestens aber mit Stimmungsschwankungen zu kämpfen haben. Besonders ältere und alleinstehende Menschen werden vereinsamen. Die soziale Isolation erhöht das Risiko für einen Selbstmord erheblich.
Welchen Rat haben Sie für uns?
Erstmal ein ganz praktischer Tipp: Vermeiden Sie es, zu viel über die Pandemie zu lesen. Damit meine ich natürlich nicht die Informationen, die die Regierung an die Presse gibt. Aber suchen Sie jetzt nicht im Internet nach Berichten über Infektionen oder Todesfälle in anderen Ländern. Das schürt nur Angst. Sehen Sie sich lieber lustige Filme an, hören Sie Musik, machen Sie Ihren Lieben Komplimente.
Wer dann merkt, dass es nicht mehr gilt, sollte sich Hilfe holen! Das ist nicht nur eine medizinische, sondern eine seelische Notsituation, in der wir gerade stecken. Dafür sollte die Regierung das Hilfsangebot aufstocken, mehr Seelsorge organisieren, mehr Psychologen einstellen. Jeder, der Hilfe braucht, muss sie jetzt auch bekommen.
(pp/L'essentiel)