Einreise-StoppTrump riskiert offenen Krieg mit seinen Richtern
Donald Trump will sein Einreise-Verbot um jeden Preis durchsetzen, und der Preis könnte sehr hoch sein.

Donald Trump ist gerade einmal zwei Wochen im Amt und schon hat er die US-Präsidentschaft auf den Kopf gestellt. Er lässt Dekrete raus, wie noch nie ein Präsident zuvor, twittert wie zu seinen besten Wahlkampfzeiten und legt sich mit der eigenen Justiz an. Das Einreise-Verbot für Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern könnte zum Beispielfall werden, wie Trump und die US-Justiz in Zukunft gegeneinander arbeiten, befürchtet die «New York Times».
Nachdem ein Richter in Seattle den Einreise-Stopp am Freitag landesweit außer Kraft gesetzt hatte, hat ein Berufungsgericht in Kalifornien, das durch die Regierung angerufen wurde, sich geweigert, das Dekret wieder in Kraft zu setzen. Präsident Trump, der das Wochenende in Florida verbracht hatte, twitterte sich ob der Urteile in Rage:
«Die Meinung dieses sogenannten Richters ist lächerlich und wird umgestoßen werden.»
«Was wird aus unserem Land, wenn ein Richter einen Einreise-Stopp durch den Heimatschutz aufheben kann?»
«Der Richter öffnet unser Land für potenzielle Terroristen und andere, die nicht unser Bestes im Sinn haben. Böse Menschen sind sehr glücklich!»
Öffentliche Kritik aus den Reihen der Republikaner
Trumps unbeherrschte Ausbrüche haben ihm nun erstmals seit der Inauguration ernsthafte Kritik aus den eigenen Reihen eingetragen. Der republikanischen Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, sagte laut «New York Times», es sei nicht ratsam, einzelne Richter bloßzustellen. «Jeder ist ab und zu enttäuscht. Ich denke aber, man sollte es vermeiden, Richter direkt zu kritisieren.»
Die «New York Times» befürchtet, dass Trump wenig Respekt für die Gewaltenteilung hege und insbesondere das Justizsystem könnte zum großen Gegenspieler des Präsidenten werden. Laut der Zeitung könnten sich Trumps Angriffe auf Richter auch auf den Streit um den für den Obersten Gerichtshof nominierten Richter, Neil Gorsuch, auswirken.
Regierung will alle rechtlichen Mittel ausschöpfen
Wie es nun im Fall des Einreise-Stopps weitergeht, ist noch offen, weil das Weiße Haus noch nicht entschieden hat, ob es ihn weiterzieht. Vize-Präsident Mike Pence hat allerdings am Sonntag gesagt, man werde alle legalen Mittel ausschöpfen, um das Dekret wieder in Kraft zu setzen. Das «New York Magazine» geht davon aus, dass die Regierung bereit ist, den ganzen Weg bis an den Obersten Gerichtshof zu beschreiten.
Zunächst ist der Fall aber noch immer beim kalifornischen Berufungsgericht hängig, das von beiden Seiten weitere Informationen und Argumentationen angefordert hat. Das «New York Magazine» verweist auf Rechtsexperten, die überzeugt sind, egal, wie das Gericht entscheide, beide Seiten würden das Urteil weiterziehen und noch im Lauf dieser Woche könnte der Fall beim Obersten Gericht landen.
Das höchste US-Gericht hat dann die Wahl, auf den Fall einzugehen oder nicht. Weil die Republikaner sich das gesamte letzte Jahr weigerten, Barack Obama einen neuen Bundesrichter zu ernennen, ist die Position des vor einem Jahr verstorbenen Antonin Scalia noch immer unbesetzt. Selbst wenn sich die übrigen acht Bundesrichter des Falles annehmen, ist eine Pattsituation zwischen den vier liberalen und den vier konservativen Richter realistisch. Sollten die Richter also gar nicht erst auf den Fall eintreten, oder sich in einem Patt wiederfinden, so würde das Urteil des darunterliegenden Gerichtes in Kraft bleiben.
Trump bringt das ganze Justizwesen gegen sich auf
Medien und Experten fragen sich derweil, wie sich Trumps Ausfälle auf Twitter auf künftige Rechtsfälle auswirken und ob Richter deswegen eher geneigt sein könnten, gegen Trump zu entscheiden. Juraprofessor John Banzhaf von der George-Washington-Universität sagte gegenüber der Newsplattform «Politico»: «Richter sollten zwar unparteiisch und nicht von Emotionen geleitet sein, aber sie sind auch nur Menschen. Und das Justizwesen nimmt es nicht auf die leichte Schulter, wenn seine Mitglieder unangemessen attackiert werden. Bei knappen Entscheidungen kann das den Ausschlag geben.»
Der ehemalige Sprecher des Justizministeriums unter Barack Obama, Matthew Miller, schreibt dazu auf Twitter: «Mit jedem Tweet macht er es den Anwälten des Justizministeriums schwieriger, einen Fall zu gewinnen. Also, mach weiter so.»
Und selbst wenn die Trump-Regierung in diesem einzelnen Fall am Ende Recht bekommen sollte, es wurden bereits 19 weitere Klagen gegen das Einreise-Verbot eingereicht, wie die Bürgerrechts-NGO Civil Rights Litigation Clearinghouse schreibt. Laut NBCNews greifen die Klagen das Verbot an drei verschiedenen Punkten an: bei zwei verschieden Bereichen von Bundesrecht und bei drei verfassungsrechtlichen Anordnungen. Komplett außer Kraft setzen können das Dekret nur Klagen gegen die Verfassungswidrigkeit.
(L'essentiel/ofi)