Deutscher Bundestag – Untersuchung zu Wirecard-Skandal startet

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Deutscher BundestagUntersuchung zu Wirecard-Skandal startet

Es ist der wohl größte Betrugsskandal der Nachkriegsgeschichte. Ein Untersuchungsausschuss soll nun klären, ob man Wirecard etwa sogar bewusst mit Samthandschuhen anfasste.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ist von dem Untersuchungsausschuss im Wirecard-Skandal als Zeugin geladen.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ist von dem Untersuchungsausschuss im Wirecard-Skandal als Zeugin geladen.

DPA/Peter Kneffel

Im deutschen Bundestag startet am Donnerstag der mit Spannung erwartete Untersuchungsausschuss zum spektakulären Bilanzskandal rund um den ehemaligen Dax-Konzern Wirecard. Die Abgeordneten wollen in den kommenden Monaten unter anderem herausfinden, ob das deutsche Fintech-Unternehmen als aufstrebender Börsenstar und Finanzkonzern von den Aufsichtsbehörden trotz Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten mit Samthandschuhen angefasst wurde.

Der inzwischen insolvente Dax-Konzern hatte im Sommer Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Die Firma saß als Dienstleister für bargeldlose Zahlungen an Ladenkassen und im Internet an der Schnittstelle zwischen Händlern und Kreditkartenfirmen – in einem hart umkämpften Markt.

«Sehnsucht nach einem Fintech ‹Made in Germany›»

Nach bisherigem Stand der Ermittlungen machte Wirecard jahrelang Verluste. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Unternehmen seit 2015 Scheingewinne auswies. Mehr als drei Milliarden Euro könnten verloren sein. Die Finanzaufsicht Bafin und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft stehen in dem Fall in der Kritik.

Der Skandal offenbare, «wie die Sehnsucht nach einem Fintech ‹Made in Germany› die Bundesregierung, Aufseher und die Landesregierung Bayern blind gemacht hat», sagte der Obmann der Linken im Ausschuss, Fabio De Masi, vor dem Start. Zentrale Fragen bei der politischen Aufarbeitung des Falles wird sein, wann genau die Bundesregierung von Unregelmäßigkeiten wusste und ob sie zu wenig dagegen unternommen hat.

Angela Merkel als Zeugin geladen

Finanzminister Olaf Scholz hat als Reaktion auf den Skandal zusammen mit Justizministerin Christine Lambrecht (beide SPD) bereits einen Aktionsplan für eine Reform der Finanzaufsicht vorgelegt. Die Opposition wirft ihm allerdings vor, damit von eigenem Versagen als oberster Chef der Finanzaufsicht ablenken zu wollen. Er verstecke sich hinter Wirtschaftsprüfern und angeblichen Gesetzeslücken.

Es gilt als sicher, dass Scholz im Untersuchungsausschuss als Zeuge geladen wird – wie wohl auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und sogar Kanzlerin Angela Merkel, die sich noch im vergangenen Herbst bei einer China-Reise für Wirecard ins Zeug gelegt hatte. Ein Untersuchungsausschuss hat mehr Rechte als gewöhnliche Bundestagsausschüsse. Er kann Zeugen und Sachverständige vernehmen und Akteneinsicht verlangen.

(L'essentiel/dpa)

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