Biennale – Urban Art ist reif fürs Museum

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BiennaleUrban Art ist reif fürs Museum

VÖLKLINGEN - Die Völklinger Hütte zeigt bis November 50 Werke von bedeutenden Urban-Art-Künstlern, darunter von dem New Yorker Seen, dem «Godfather of Graffiti».

Graffiti ist für viele salonfähig geworden. «Urban Art ist auf dem Weg von der Straße in die hohen Hallen der Kultur», meint etwa Generaldirektor Meinrad Maria Grewenig. Er ist stolz darauf, dass sich das von ihm geleitete Weltkulturerbe Völklinger Hütte im Saarland zu einem europäischen Zentrum der Graffiti-Kunst entwickelt hat. Grewenig hält sie für eine der «spannendsten Entwicklungen der internationalen Gegenwartskunst».

Mit einer «Urban Art Biennale» will die Hütte jetzt den oft gar nicht mehr so jungen Stars der Szene sowie Nachwuchskünstlern alle zwei Jahre ein Forum bieten. Die erste Ausstellung hat vor wenigen Tagen begonnen. Zu sehen sind bis zum 1. November 50 Werke von 36 der wichtigsten Vertreter der Graffiti-Kunst.

Viele der heutigen Szene-Größen sind in den 70er und 80er Jahren mit ihren einst illegalen Schriftzügen auf Häuserwänden und U-Bahnen groß geworden. Das wird etwa noch bei Seen deutlich, dem «Godfather of Graffiti», auf seinem kalligraphierten «Psycho». «Cope2», der in den 80er und 90er Jahren durch seine Sprühbilder auf New Yorker U-Bahnen bekanntwurde, ist mit zweien seiner farbenfrohen, kleinteiligen Fantasiebilder zu sehen.

Auf Leinwand statt an Mauern

Auch der US-Aktivist Shepard Fairey darf nicht fehlen - mit einem Motiv des früheren US-Präsidenten Richard Nixon. Er schuf 2008 das Signet für die Wahlkampagne des heutigen US-Präsidenten Barack Obama mit dem Schlagwort «Change» und richtete damit das Augenmerk auf die junge Kunstform. Längst erzielen einzelne Kunstwerke Preise so hoch «wie ein Einfamilienhaus» (Grewenig). Dass Urban Art auch reif fürs Museum geworden ist, zeigen die meist riesigen Formate der ausgestellten Bilder.

Immer noch umweht die Kunstwerke der Urban Art ein Hauch von Untergrund. Auch wenn es einen entscheidendenden Unterschied zwischen den Sprühbildern an Fassaden und den Bildern der Urban Art gibt: Die Werke der Künstler sind meist auf Leinwand transportabel geworden und zudem nicht mehr so vergänglich wie die Arbeiten draußen.

Künstler von Halle in Völklingen begeistert

Ob das alle gutfinden? «Das muss jeder selber wissen», sagt «Raks». Der Saarbrücker, einer der ausgestellten Nachwuchskünstler, begann vor acht Jahren auf der Straße, jetzt sprüht er auf Leinwand in geschlossenen Räumen. Ein wenig von der Vergänglichkeit hat er sich auf seinen Bildern, auf denen er die Buchstaben seines Künstlernamens variiert und grafisch neu einbindet, erhalten: Er wischt bei der Entstehung Buchstaben immer wieder weg und sprüht sie aufs Neue.

Entstanden ist die Idee zu einer Biennale in Völklingen vor zwei Jahren. Damals wurde eine erste Ausstellung unter dem Titel «Urban Art - Graffiti 21» von der Kritik hochgelobt. Das französische Fachmagazin «Graffiti Art» wählte die Schau damals zu einer der fünf besten des Jahres. Den Ausschlag zur Weiterentwicklung gab laut Grewenig das Lob der Künstler selbst, die mit der «Möllerhalle» mit ihren rostbraunen Wänden, in der früher Eisenerz und Kohle gelagert wurde, einen idealen Ausstellungsraum fanden. «Das ist schon überwältigend, sein Werk in dieser Umgebung zu sehen», zeigt sich «Raks» beeindruckt.

Mit der Präsentation der neuen Kunstform will Grewenig eine neue Generation für das Museum gewinnen. Die jüngeren Menschen würden ja ganz anders sozialisiert als früher, wo man sich mit der Klasse noch brav Bilder, die man aus dem Schulbuch kannte, angesehen habe, sagt der 58-jährige Museumsmacher. Er wolle zeigen, was die Jüngeren «als ihr Ding» empfänden: «Ich will sie nicht nur am Kopf, sondern auch am Bauch erwischen.»

(L'essentiel Online/dpa)

«UrbanArt Biennale»:

Bis 1. November 2013 im Weltkulturerbe Völklinger Hütte, «Möllerhalle». Öffnungszeiten: täglich 10 bis 19 Uhr, Eintritt für Weltkulturerbe: 12 Euro, ermäßigt 10 Euro.

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