«30 under 30»: Warum landen so viele Forbes-Preisträger vor Gericht?

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«30 under 30»Warum landen so viele Forbes-Preisträger vor Gericht?

Charlie Javice, Sam Bankman-Fried und andere waren ganz oben. Jetzt drohen ihnen jahrzehntelange Gefängnisstrafen.

Fabian Pöschl
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Fabian Pöschl
Behauptet, sie sei unschuldig, doch ihr drohen 30 Jahre Haft, weil sie die Kundenzahlen ihres Start-ups aufgebläht haben soll: Charlie Javice.
Sie ist eine von vielen auf der «Forbes-30-unter-30-Liste», denen wegen Betrugs ein jahrzehntelanger Knastaufenthalt droht. Weitere Beispiele sind: … 
… Sam Bankman-Fried, Gründer der gescheiterten Kryptobörse FTX. Er wartet auf seinen Prozess im Oktober und sitzt nur wegen einer 250-Millionen-Kaution in Hausarrest.
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Behauptet, sie sei unschuldig, doch ihr drohen 30 Jahre Haft, weil sie die Kundenzahlen ihres Start-ups aufgebläht haben soll: Charlie Javice.

Linkedin.com/cjavice

Der US-Jungunternehmerin Charlie Javice schien fast alles zu gelingen. 2019 schaffte sie es in die renommierte «Forbes-30-unter30-Liste» mit ihrem Start-up Frank, das Studentinnen und Studenten bei Studienkrediten unterstützt.

Vor zwei Jahren verkaufte die 31-Jährige die Firma für 175 Millionen Dollar an die Bank JP Morgan Chase. Anfang April folgte der tiefe Fall. Das Justizministerium klagte die Firmengründerin wegen Daten- und Bankbetrugs an.

Die Jungunternehmerin habe die Bank mit falschen Zahlen zum Kauf ihrer Firma bewogen. Javice habe der Klage zufolge mithilfe eines Datenwissenschaftlers den Kundenstamm aufgebläht.

250 Millionen Dollar Kaution

Ihr drohen nun 30 Jahre Haftstrafe. Javice bestritt alle gegen sie erhobenen Vorwürfe. Doch sie wäre nicht die erste «Forbes-30-unter-30»-Preisträgerin, die auf die schiefe Bahn geriet.

Ebenfalls auf der Liste war Sam Bankman-Fried. Nach dem Zusammenbruch seiner Kryptobörse FTX sieht sich das ehemalige Krypto-Wunderkind mit einer Reihe von Anklagen wie Bestechung und Geldwäsche konfrontiert. Für eine Mega-Kaution von 250 Millionen Dollar ist er in Hausarrest. Der Prozess startet im Oktober.

Betrug im Wert von 18,5 Milliarden Dollar

Dann dürfte seine Ex-Kollegin Carolin Ellison aussagen, die auch schon auf der «Forbes»-Liste war. Die frühere Co-CEO der Schwester-Firma von FTX bekannte sich schuldig in sieben Anklagepunkten und dürfte so der Höchststrafe von 110 Jahren entkommen (weitere Beispiele in der Bildstrecke oben).

Tech-Unternehmer Chris Bakke twitterte deshalb: «Die Forbes 30 unter 30 haben zusammen 5,3 Milliarden Dollar an Finanzmitteln aufgebracht und wurden wegen Betrugs im Wert von über 18,5 Milliarden Dollar verhaftet. Unglaubliche Erfolgsbilanz.»

Die Grenze zwischen Innovation und Betrug scheint erschreckend dünn geworden zu sein, schreibt eine Autorin des «Guardian». Das Problem sei nicht Forbes, sondern die Erfolgsvision und die Fetischisierung der Jugend.

«30 unter 30 ist nicht nur eine Liste, sondern auch ein Druck, Großes zu erreichen, bevor einem die Jugend entgleitet. Dieser Druck kann bestimmte ehrgeizige Menschen dazu verleiten, Abkürzungen zu nehmen», so die Autorin. Heutzutage seien Abkürzungen auch akzeptiert. «Millennials sind schließlich mit dem Spruch Fake it till you make it aufgewachsen», so die Autorin.

«Sie glauben, dass sie sich im Graubereich befinden»

Nicht an ein Generationenproblem glaubt Christian Fichter, Sozial- und Wirtschaftspsychologe und Forschungsleiter der Kalaidos Fachhochschule. «Das hat mit dem stärkeren Druck und der Gelegenheit zu tun. Wirtschaftskriminelle nutzen die Gelegenheit, unabhängig vom Alter», so Fichter.

Jüngere treffe es aber eher, weil sie noch keinen hohen Status im Berufsleben hätten, sie müssten sich noch bewähren. Das sei aber schon früher so gewesen. Doch es sei möglich, dass Betrug heutzutage häufiger vorkommt, weil die wirtschaftlichen Prozesse komplexer geworden sind.

Wer auf einer Liste wie von Forbes lande, versuche sich zu behaupten. Häufig sei es diesen Menschen aber gar nicht bewusst, dass sie kriminell handeln. «Sie wollen nicht wirtschaftskriminell werden und glauben, dass sie sich noch im Graubereich befinden», so Fichter.

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