Wahlen 2018Warum Schieren seit dem Krieg häufig DP wählt
SCHIEREN – In keiner anderen Gemeinde war die DP bei der Kammerwahl 2013 so stark wie in Schieren. Die Verbundenheit der Bürger zu den Liberalen hat zwei Gründe.

Charles Goerens verhalf der DP bei den Kammerwahlen 2013 zu über 33 Prozent der Stimmen.
Editpress/Herve MontaiguDer Ortskern von Schieren wird von der großen Pfarrkirche dominiert. Vom Bahnübergang wenige Meter weiter ertönt in regelmäßigen Abständen ein Warnsignal, wenn ein Zug den Bahnhof der Gemeinde ansteuert oder verlässt. Im kleinen Café um die Ecke stärken sich Handwerker in ihrer Mittagspause. Ein ruhiger Ort, der bei den vergangenen Kammerwahlen aber landesweit auf sich aufmerksam gemacht hat: Fast genau ein Drittel der Stimmen (33,1 Prozent ) gingen an die DP.
Doch nicht erst seit 2013 ist Schieren eine Hochburg der Liberalen. Die Verbundenheit der Bürger zur Partei von Premierminister Xavier Bettel reicht in den Zweiten Weltkrieg zurück, wie der Gemeindesekretär Camille Schaul erklärt: «Schieren wurde vom Krieg besonders hart getroffen und hatte sehr viele Opfer zu beklagen. Die Überlebenden sagten sich: ‹So etwas darf niemals wieder passieren. Wir müssen die Demokratie schützen.› Viele gaben von da an ihre Stimme der Partei, die politisch im Zentrum steht. In Luxemburg ist das die DP.»

Drei Ministerposten
Das traditionell starke Abschneiden der Liberalen in Schieren hängt aber auch eng mit einer dort ansässigen Familie zusammen: den Goerens. Der 1921 geborene August Goerens, von Beruf Bauer, engagierte sich bei der DP und war bis 2012 der Bürgermeister der Gemeinde. «Die meisten Bauern waren eigentlich der CSV zugeneigt, aber Goerens war der Auffassung, dass das eine Partei für Opportunisten ist», sagt Schaul und ergänzt: «Er war bei den Bürgern hochangesehen, weil er sehr bodenständig war und immer ein offenes Ohr hatte.»
August Goerens' Sohn Charles brachte es bekanntermaßen auf dem politischen Parkett noch weiter: Von 1989 bis 1994 war er Parteivorsitzender der DP und im Kabinett von Jean-Claude Juncker bis 2004 Verteidigungs- und Umweltminister. Charles Goerens war auch kurzzeitig der Außenminister des Großherzogtums. Der Vorgänger Jean Asselborns hatte das Amt im Juli 2004 elf Tage lang inne. Zudem war Goerens Abgeordneter des Europaparlaments von 1982 bis 1984 sowie von 1994 bis 1999. Seit 2009 hat er wieder einen Sitz in Straßburg.
«Seine Politik wird in unserer Gemeinde wohl besonders geschätzt und er war ein absoluter Sympathieträger. 2013 stand er noch selbst in unserem Wahlbezirk auf der Liste. So sind auch die 33 Prozent zu erklären», sagt Schaul, der damals selbst bei der Auszählung der Wahlzettel half. «Er wurde dann aber kein Abgeordneter, weil die Partei anscheinend auf Neue setzte», so Schaul weiter. Goerens tritt bei den kommenden Wahlen nicht an. «Ein so großer Anteil wie 2013 wird es wohl nicht mehr», vermutet der Gemeindesekretär.
(Sebastian Weisbrodt/L'essentiel)