Fremde KulturenWas in New Yorks Subway alles lebt
Täglich fahren knapp sechs Millionen Menschen mit der New Yorker Metro. Und hinterlassen dabei ziemlich eklige Spuren, wie eine Fotoserie zeigt.
Der Brooklyner Fotograf Craig Ward zeigt auf, was für das menschliche Auge unsichtbar an den Haltegriffen der New Yorker Subway lebt. Er hat Keime eingesammelt und einen Sommer lang auf Nährböden wuchern lassen. Die daraus entstandene Fotoserie hinterlässt beim Betrachter ein zwiespältiges Gefühl. Einerseits ist sie wunderschön, andererseits so richtig abstoßend.
Inspiriert wurde Ward von Tasha Storm, die in Kalifornien die Hand ihres Sohns nach dem Spielen in eine Petrischale drückte und schaute, was darin alles wächst. Auf seiner nächsten U-Bahn-Fahrt erinnerte er sich an den urbanen Mythos, wonach man beim Anfassen der Haltegriffe im Zug gleichzeitig die Hände von 100 Leuten schüttle. Und beschloss, auf allen 23 Subway-Linien mit sterilen Schwämmen Proben von Haltestangen und Plastiksitzen zu nehmen.
«Ein Porträt von New York»
«Sobald man beginnt, wissenschaftliches Material und Petrischalen auszupacken, beginnen die Leute, etwas komisch zu schauen», erläuterte er seine Erlebnisse dem New York Magazine. «Aber niemand hat mich daran gehindert. In der U-Bahn kannst du fast alles machen», so der 34-jährige Künstler.
In seinem Studio ordnete er die Proben dann so an, dass in den Petrischalen jeweils die Bezeichnung der dazugehörigen Linie erschien. Nachdem er die Kulturen einen warmen Sommer lang wuchern gelassen hatte, beleuchtete er die Petrischale in der Farbe der jeweiligen Linie und fotografierte das Resultat.
67 gefährliche Bakterien
Ward konnte einige der Mikroorganismus auf seinen Werken aufgrund ihrer Form und Farbe identifizieren. Viele sind absolut harmlose Alltagsbakterien, die im Speichel und Schweiß sowie auf der Haut vorkommen. Daneben gab es auch üblere Keime wie E.coli, Salmonellen und Staphylokokken, dazu Schimmel- und Hefekolonien. Manche Betrachter mögen die Fotografien eklig finden und sich davon abgestoßen fühlen, sagt Ward. «Aber das ist ein Porträt von New York. An jenem Tag, zu jener Zeit.»
Dass New Yorks Subway nichts für schwache Mägen ist, wiesen Forscher des Weill Cornell Medical College bereits Anfang des Jahres nach, als sie total 67 für den Menschen gefährliche Bakterien in den U-Bahn-Stationen ausmachten, darunter Pesterreger.
(L'essentiel/jcg)