Biometrie im SpielWenn die Zombies den Puls des Gamers spüren
Hirnstrom, Atem, Puls oder Muskelzucken: Die Videospiele der Zukunft werden die Reaktionen der Spieler messen und den Schwierigkeitsgrad anpassen.

Um das Spielerlebnis zu intensivieren und noch mehr Menschen in den Bann von Computer- und Videogames zu ziehen, haben Game-Entwickler damit begonnen, die Gefühlslage ihrer Kundschaft während des Spielens zu erforschen. Dies geschieht anhand biometrischer Messungen. So haben die Macher des Zombie-Shooters «Left 4 Dead 2» Probanden mit Pulsmessern ausgestattet, um Angaben über deren Gemütszustand in unterschiedlichen Spielsituationen zu erhalten. Die gewonnenen Daten sollen den Designern helfen, bei der Entwicklung neuer Spiele noch besser auf die Bedürfnisse der Gamer eingehen zu können.
Wie Gamer auf die Spiele, so könnten in Zukunft auch umgekehrt Spiele auf die Gamer reagieren. Verliert ein virtueller Scharfschütze die Nerven und erhöht sich sein Pulsschlag beim Zielen, könnte das Spiel dies künftig erkennen und das Gameplay entsprechend anpassen. Etwa, indem es das Blickfeld eingeschränkt oder die Hand am digitalen Abzug zittern lässt. Erfüllt der Gamer seine Mission hingegen mit stoischer Ruhe, wäre auch sein virtuelles Alter Ego deutlich unaufgeregter.
Aufwendige Hardware, ungenutzte Möglichkeiten
Bisher hatte Biometrie in Games einen eher schweren Stand, weil sie für den Massenmarkt noch zu unausgereift ist. Einerseits fehlen geeignete Messgeräte, andererseits dürfte kaum jemand Lust haben, mit Sensoren und Kabeln vollgepflastert zu zocken. Biometrische Controller wurden zwar schon angekündigt, ihre Entwicklung blieb aber meist schon in der Konzeptphase stecken. Andere Projekte schafften es tatsächlich auf den Markt, wie beispielsweise der «Bio Sensor» (N64) oder der «Vitality Sensor» (Wii) von Nintendo. Da sie aber selbst von der Entwicklerseite kaum Unterstützung erfuhren oder nicht richtig funktionierten, gerieten sie schnell wieder in Vergessenheit.
Theoretisch könnte die Infrarotkamera von Xbox Kinect während des Spielens biometrische Daten erfassen – die Kamera kann beispielsweise den Pulsschlag anhand von Hautverfärbungen messen. Allerdings wurden diese Optionen zumindest bislang nicht genutzt. Sony wiederum hatte bereits 2011 verschiedene Biometrie-Patente angemeldet, von denen man allerdings bis heute nichts mehr gesehen oder gehört hat.
Indie-Games und Oculus Rift als Vorreiter?
Zurzeit treiben vor allem Independent-Entwickler auf experimenteller Ebene das Thema Biometrie in Games voran. So zum Beispiel die Crooked Tree Studios, deren Spiel «Throw Trucks With Your Mind» von via Headset erfassten Hirnströmen des Spielers gesteuert werden soll. Oder Wraughk Audio Design, dessen Game «Deep Sea» den Atem des Gamers misst und das Spielerlebnis entsprechend anpasst.
Diese Projekte sind zwar nicht massentauglich, könnten den Mainstream-Produkten der Zukunft aber als Vorbilder dienen. Am meisten Potenzial um Biometrie-gesteuerten Spielen zum Durchbruch zu verhelfen, hat die Virtual-Reality-Brille Oculus Rift. Sollte sie bis zu ihrer offiziellen Lancierung mit biometrischen Schnittstellen ausgestattet werden, könnten individualisierte Game-Erlebnisse bald Realität werden. Auch Sony hat mit Project Morpheus eine eigene 3D-Brille vogestellt, die theoretisch mit biometrischen Features ausgestattet werden könnte.
(L'essentiel/if)