Trypophobie – Wenn kleine Löcher große Panik auslösen

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TrypophobieWenn kleine Löcher große Panik auslösen

Angst vor Spinnen, grossen Höhen, engen Räumen? Das ist nachvollziehbar. Doch manch einer bekommt auch beim Anblick von kleinen Löchern Herzrasen und Schweissausbrüche.

Auf Facebook machen Fotos von angeblich allergischen Reaktionen die Runde. Zwar sind die Schockbilder gefälscht, trotzdem reagierten viele Leser entsetzt und angeekelt auf einen Bericht darüber. Manche flehten, die Aufnahmen doch endlich vom Netz zu nehmen. Wieder andere konnten die Aufregung nicht verstehen. So fragte 20 Minuten-Leser Fubar: «Wie kann man sich nur dermassen selbst stressen wegen eines simplen Bildes?»

Die Wissenschaft weiss: Das ist möglich — wenn man an Trypophobie leidet. So bezeichnen Psychiater die irrationale Angst vor vielen kleinen Löchern, wie sie bei Korallen, Bienenwaben oder auch bei manchen Käsesorten vorkommen. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Die Reaktionen reichen von leichtem Unwohlsein über Migräne bis hin zu ausgeprägter Panik mit Schweissausbrüchen und Herzrasen.

Relativ neue Störung

Erstmals thematisiert wurde diese Angst Anfang der 2000er-Jahre, als die Leute anfingen, online Bilder auszutauschen und manche dabei merkten, dass sie mit ihrer intensiven Abneigung gegenüber Löchern nicht allein dastehen. Der Begriff Trypophobie (der Wortstamm tryp- steht im Griechischen für Bohren) geht gemäss Medienberichten auf eine namentlich unbekannte Irin zurück, die diesen 2005 in einem Online-Forum postete. Später entstanden Facebook-Gruppen zum Thema. Auf Youtube wurden Informationsvideos hochgeladen. Knapp fünf Jahre später wurden schliesslich auch Forscher auf diese bis dato unbeschriebene Angststörung aufmerksam.

Dabei könnte es sich um eine Urangst handeln, die uns vor giftigen Tieren warnt, berichteten Geoff Cole und Arnold Wilkins von der Universität von Essex im Fachjournal «Psychological Science». Für ihre Studie verglichen die Psychologen Bilder von 76 angstauslösenden Objekten mit Bildern von Löchern, die keine Reaktionen provozierten. Dabei zeigte sich, dass alle angstauslösenden Objekte Kontraste von Schärfe und Unschärfe aufwiesen. Dieselben optischen Eigenschaften finden sich auch bei den Mustern von giftigen Tieren. Zeigten die Forscher beispielsweise Bilder des blaugeringelten Kraken, lösten sie ähnliche Angstzustände aus.

Die Angst vor Löchern in einem Muster ist also nicht mit den Löchern selbst verbunden, sondern mit ihren optischen Eigenschaften. Die Menschheit hat im Laufe der Evolution zwar gelernt, sich von giftigen Tieren fernzuhalten; die unterbewusste Angst vor ihren Mustern ist trotzdem erhalten geblieben, schliessen die Forscher. Studienteilnehmer, die nicht unter Trypophobie leiden, empfanden Trypophobie-auslösende Bilder nämlich ebenfalls als unangenehm.

(L'essentiel/Fee)

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