Krieg gegen die UkraineWieder Explosionen auf der Krim – was wir wissen und was nicht
Es ist Dienstag und schon wieder ereignet sich auf der Krim eine Reihe von Explosionen. Schon letzten Dienstag knallte es gewaltig auf der russisch besetzten Halbinsel. Zufall? In der Ukraine freut man sich schon auf den nächsten Dienstag.

Was ist passiert?
Auf der Krim kam es zu einer Reihe Explosionen. Die erste, enorme Detonation ereignete sich am Dienstagmorgen gegen 05.15 Uhr in einem russischen Munitionslager in Dschankoj im Norden. Stromleitungen, ein Kraftwerk und Bahngleise sowie einige Wohngebäude wurden laut Behörden beschädigt. Auch in einem Umspannwerk war ein Feuer zu sehen.
Mindestens 3000 Menschen mussten evakuiert werden, sagt der Krim-Verwaltungschef Sergej Aksjonow. Der Zugverkehr auf das russische Festland ist eingeschränkt.
Im Verlauf des Dienstags kam es bei einem Luftwaffenstützpunkt im Zentrum der Krim zu weiteren Explosionen. Auf dem Stützpunkt nahe Gwardeiskoje sollen auch Suchoi-Kampofjets stehen. Über Schäden wurde bislang nichts bekannt.
Was oder wer steckt hinter den Explosionen?
Zu den Gründen der Detonation müsse sich das russische Verteidigungsministerium in Moskau äußern, sagte der sichtlich erschütterte Krim-Verwaltungschef Aksjonow zunächst. Dieses sprach später von einem «Sabotageakt».
Dagegen bestätigte ein hoher ukrainischer Sicherheitsbeamter gegenüber der «New York Times», dass «eine ukrainische Eliteeinheit hinter den feindlichen Linien» operiere. In den sozialen Medien wurde auch über den Einsatz von HIMARS spekuliert. Allerdings liegt Dschankoj im Norden der Insel über 200 Kilometer vom ukrainischen Festland entfernt und damit außer HIMARS-Reichweite.
Ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj deutete eine Verwicklung der Ukraine an: «Der Morgen nahe Dschankoj begann mit Explosionen. Zur Erinnerung: Die Krim eines normalen Landes heisst Schwarzes Meer, Berge, Erholung und Tourismus; die von Russen besetzte Krim bedeutet Explosionen von Depots und ein hohes Todesrisiko für die Invasoren und Diebe. Die Entmilitarisierung ist im Gang.»
Offiziell hüllt sich Kiew aber in Schweigen – wie schon letzten Dienstag.
Überprüfbar von unabhängiger Seite ist nicht, wer genau die Attacken verübt. Klar ist aber, dass auch der neue Fall der Explosionen dem russischen Image als Garant für die Sicherheit auf der Krim schadet.
Was hat es mit den Dienstagen auf sich?
Bereits vor einer Woche gab es auf der Krim schwere Explosionen auf einem russischen Militärstützpunkt. Bei den Explosionen auf der Basis in Saki nahe dem Kurort Nowofjodorowka wurden ein Mensch getötet und 14 Personen verletzt. Auf Satellitenbildern waren eine Reihe zerstörter russischer Kampfjets zu erkennen. Tatsächlich soll sogar ein Großteil des 43. Marinefliegerregiments der russischen Schwarzmeerflotte zerstört worden sein.
Experten gehen davon aus, dass die Ukraine der Basis einen Schlag versetzte. Mittlerweile ist klar, dass der Angriff zum Teil von Spezialeinheiten in Zusammenarbeit mit örtlichen Partisanenkämpfern ausgeführt worden war. Mit welchen Mitteln könnt ihr hier nachlesen.
Offiziell bestätigt hatte Kiew den Angriff auch damals nicht. Russland behauptete, es sei wegen Verstoßes gegen den Brandschutz zu der Explosion gekommen. Eine achtlos weggeworfene Zigarette? Das ist längst ein Running-Gag in der Ukraine geworden, wo viele schon gespannt auf Moskaus Erklärung zum neusten Zwischenfall warten. Moskau spricht mittlerweile von einem «Sabotageakt», hatte zuvor aber «ein Feuer in einem Waffenlager» verantwortlich gemacht.
«Ich beginne, Dienstage zu mögen», scheibt jetzt ein Twitter-User mit Blick auf die aktuellsten Ereignisse auf der Krim. Ein anderer weist darauf hin, dass man sich auch auf kommenden Dienstag freue könne – die Ukraine scheine sich gebührend auf ihren Unabhängigkeitstag vorzubereiten. Der ist allerdings nicht am Dienstag, sondern einen Tag später, am Mittwoch 24. August.
Was ist speziell am aktuellen Zwischenfall?
Möglicherweise die strategische Bedeutung im Falle der Explosionen im Norden der Krim. «Der Explosionsort befindet sich Berichten zufolge im oder in der Nähe des Dorfes Maiskoje, 21 Kilometer östlich des wichtigen Straßen- und Eisenbahnknotens Dschankoj», so Militärhistoriker Chris Owen.
«Je nachdem, wo genau sich der Explosionsort befindet, könnte dies von großer strategischer Bedeutung sein.» Denn die einzige direkte Eisenbahnlinie von Russland auf die Krim führt durch Maiskoje respektive über Dschankoj, über das die Bahnverbindungen von Moskau über die neue Krimbrücke zur Krim-Hauptstadt Simferopol gehen.
Inwieweit das die militärische Logistik tangiert, ist noch unklar. Sicher ist aber, dass die Ereignisse auf der Krim die Stimmung unter der russischen Bevölkerung kaum heben werden. Die Krim, quasi das Mallorca vieler Russen und Russinnen, ist nun auch für sie vom Krieg eingeholt worden.
Was sollte Wladimir Putin zu denken geben?
Geht man davon aus, dass hinter der Explosions-Serie auf der Krim ukrainische Angriffe stehen, dann ist bemerkenswert, wie weit hinter den feindlichen Linien diese möglich waren.
Das spricht umso mehr für verdeckte Kräfte und Saboteure auf der Krim selbst. Die «New York Times» schreibt in diesem Zusammenhang vom «Einfallsreichtum der ukrainischen Streitkräfte».
Die Zwischenfälle werfen bei russischen Beobachtern inzwischen Fragen auf, wie gut die militärisch hochgerüstete Halbinsel, die sich Moskau 2014 einverleibte, tatsächlich geschützt ist. Kremlchef Wladimir Putin hatte immer wieder angekündigt, dass die Sicherheit der Krim weiter verstärkt werden solle.