Claude Meisch: «Wir können uns wieder auf pädagogische Fragen konzentrieren»

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Claude Meisch«Wir können uns wieder auf pädagogische Fragen konzentrieren»

LUXEMBURG – Bildungsminister Claude Meisch (DP) spricht in einem Interview mit L'essentiel über die Herausforderungen für das kommende Schuljahr.

Joseph Gaulier
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Bildungsminister Claude Meisch (DP) wünscht sich wieder die Rückkehr zur Normalität.

Bildungsminister Claude Meisch (DP) wünscht sich wieder die Rückkehr zur Normalität.

Joseph Gaulier

Endlich ein Start in ein neues Schuljahr ohne Corona-Einschränkungen. Freut Sie das?

In den letzten zwei, drei Jahren hat die Pandemie uns alle sehr beschäftigt. Wir mussten immer wieder reagieren und uns neu erfinden. Es war wirklich eine schwere Aufgabe, die Schulen offen- und das Lernen aufrechtzuerhalten. Jetzt können wir das Schuljahr ohne Masken und Test angehen. Das erlaubt es wieder, uns auf pädagogische Fragen zu konzentrieren.

Sind die Schulen in der Lage bei einer Verschlechterung der Situation schnell zu reagieren?

Ich denke, es wird keine erneuten Schulschließungen geben, wir haben ja mittlerweile Fernunterricht. Es kann zu einer Rückkehr der Maskenpflicht kommen, oder zu erneuten Tests, aber das wird keine gravierenden Auswirkungen haben. Bis jetzt ist das alles aber noch nicht notwendig.

Sind die Kosten zum Schuljahresbeginns noch für alle tragbar?

Es ist offensichtlich, dass Familien mit geringerem Einkommen von der Kostenexplosion hart getroffen werden. Die Gratis-Maßnahmen, die wir getroffen haben, wie etwa Musikunterricht oder die «maisons relais», sollen diesen Menschen helfen. Im Moment planen wir keine finanziellen Hilfen, aber das besprechen wir innerhalb der Koalition.

Die Schulen digitalisieren sich. Finden Sie das gut, oder sollte man lieber bei Stift und Papier bleiben?

Ich hoffe, wir werden weiterhin lernen, mit der Hand zu schreiben, das ist Teil unserer Kultur. Es gibt viele technische Hilfsmittel, aber der Taschenrechner hindert und ja auch nicht daran, selbst zu rechnen. Es ist wichtig, schreiben zu können. Der Bildschirm hat aber auch seine technischen und didaktischen Vorteile. Dem stehen natürlich auch Risiken gegenüber, junge Menschen sollten nicht zu viel mit dem Tablet umgehen. Man sollte sie nicht den ganzen Tag damit herumspielen lassen.

Gibt es ausreichend Lehrkräfte?

Für dieses Schuljahr sind es genug, aber es bleibt eine Herausforderung – genauso wie in anderen Ländern, oder in anderen Branchen, den öffentlichen Dienst inbegriffen. Wir haben Initiativen begonnen, um mehr Menschen für den Lehrer- und Erzieherberuf zu motivieren. Man muss außerdem über das gesellschaftliche Ansehen der Berufe nachdenken. Kritisieren wir die Menschen darin zu sehr, steht eines Tages kein Lehrer mehr vor den Schülern.

Ist der Beruf denn noch attraktiv?

Wir müssen die jungen Leute motivieren. Die Bezahlung ist gut, die Arbeitsbedingungen auch. Aber der Arbeitsmarkt hat sich verändert. Früher arbeitete man sein Arbeitsleben lang an einem Ort, heute ändert sich das oft. Die Lehrerkarriere ist jedoch sehr vorstrukturiert, es gibt kaum Entwicklungsmöglichkeiten, was die jungen Leute abschreckt. Wir sollten offener gegenüber Quereinsteigern aus anderen Studienfeldern werden, aber auch über Möglichkeiten der Weiterentwicklung für Lehrkräfte nachdenken. Wir haben bereits anderweitige Funktionen im Bildungssystem geschaffen. Manche Menschen arbeiten etwa an Schulbüchern und am Lehrplan.

Welche Maßnahmen sind gegen Mobbing in der Schule vorgesehen?

Wir haben bereits einiges im Bereich der mentalen Gesundheit getan, müssen aber noch gesetzliche Anpassungen vornehmen, genauso wie Investitionen im Personalwesen. Mobbing kann man leider nicht vollkommen verhindern, da es oft im Verborgenen stattfindet.

Was ist in dieser Legislaturperiode noch alles geplant?

Die Erweiterung der Schulplicht von 16 auf 18 Jahre wird verhindern, dass manche Menschen untätig bleiben. Im Laufe der Jahre ist die Beschäftigungsfähigkeit der jungen Leute gefallen. Es wurde allerdings auch schwieriger, einen Ausbildungsplatz zu finden. Wir brauchen aber auch Ausbildungsplätze für diejenigen, die sich keine akademische Laufbahn vorstellen können. Diejenigen, die mit 16 oder 17 aufhören, haben auch häufig mit anderen, als nur schulischen Problemen zu kämpfen, wie etwa psychologischen oder familiären. Ein weiteres Gesetzespaket nimmt Anpassungen bei der Aufnahme von Neu-Zuwanderern vor. Es reicht nämlich nicht, den Leuten ins Land zu holen. Sie benötigen ein entsprechend zugeschnittenes Programm, besonders in Bezug auf die Sprachkompetenz.

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