«Charlie Hebdo»-Karikaturist – «Wir kotzen auf all unsere neuen Freunde»

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«Charlie Hebdo»-Karikaturist«Wir kotzen auf all unsere neuen Freunde»

Tausende solidieren sich mit dem Satiremagazin – «Je suis Charlie» nennt sich die Bewegung. Hebdo-Karikaturist Bernard Holtrop findet das heuchlerisch.

Über 1.700.000 Freunde zählt der Facebook-Auftritt des Satiremagazins «Charlie Hebdo» derzeit (Stand 11. Januar). Der Großteil dieser «Gefällt mir»-Angaben erhielt das Blatt erst nach dem folgenschweren Anschlag mit 12 Toten. Seither säumen «Je suis Charlie»-Transparente und -Bekundungen die Straßen und Plätze rund um den Globus. Der niederländische «Charlie Hebdo»-Karikaturist Bernard Willem Holtrop hat sich nun negativ zur «Je suis Charlie»-Bewegung geäußert. Gegenüber der niederländischen Zeitung Volkskrant sagte er: «Wir haben viele neue Freunde gewonnen, wie etwa den Papst, Königin Elisabeth oder Vladimir Putin. Ich muss darüber lachen.»

Der 73-Jährige stört sich etwa daran, dass Menschen wie die französische Rechtsaußen-Politikerin Marine Le Pen sich heimlich freuen, wenn Islamisten wild um sich schießen. «Wir kotzen auf all die Leute, die sich plötzlich unsere Freunde nennen», so Holtrop. Viele hätten noch nie eine Ausgabe «Charlie Hebdo» gesehen.

Holtrop könnte tot sein

Vor einigen Jahren seien Menschen in Pakistan auf die Straße gegangen, um gegen das Blatt zu demonstrieren – ohne dass sie genau wussten, was das für ein Heft sei. Jetzt sei es dieselbe Situation, nur umgekehrt. «Aber natürlich ist es eine gute Sache, die Redefreiheit zu verteidigen», sagt der langjährige Wahl-Pariser.

Auch er hätte unter den Opfern vom 7. Januar sein können. Dass er noch lebe, habe einen einfachen Grund, wie er gegenüber der französischen Libération sagt: «Ich gehe nie an die Redaktionssitzungen – weil ich sie nicht mag. Ich schätze, dass hat mir das Leben gerettet.»

(L'essentiel/cho)

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